Der halbe Erdkreis ist schon da
RANKFURT.- „Ökumene, das heißt doch Erdkreis“, sagt die Chinesin Xiaolin Xi, und der halbe Erdkreis sei bestimmt vertreten hier im Frankfurter Europaviertel. „Wie schade, wenn hier jedes Land für sich lebt“, meint die junge Frau, die seit 2015 in dem aufstrebenden Stadtteil lebt. „Und wie gut, dass es hier jetzt Pax & People gibt.“
Das haben sich auch katholische und evangelische Kirche in Frankfurt gedacht. Seit 2011 haben sie Überlegungen angestellt, hier erstmals ein ökumenisches Zentrum, in evangelischer und katholischer Trägerschaft, zu errichten. Am Samstag, 27. Januar, wurde das Zentrum mit dem Namen Pax & People von den beiden Stadtdekanen Johannes zu Eltz und Achim Knecht feierlich eröffnet.
Jung, urban, ohne kirchliche Bindung
Im Europaviertel wohnen rund 10.000 überwiegend junge Menschen aus vielen Nationen, etwa 30.000 Arbeitsplätze sind in der engeren Umgebung angesiedelt. Die Wohnhäuser sind edel, die Mieten und Kaufpreise hoch, das junge urbane Publikum hat zum großen Teil nur eine geringe Bindung an kirchliche Institutionen. Das stellt die Kirchen vor besondere Herausforderungen, mit ihrer Botschaft zu den Menschen zu kommen.
Prodekanin Ursula Schoen vom evangelischen Stadtdekanat unterstreicht die Bedeutung dieser Situation: „Das ökumenische Zentrum bildet das ab, was wir längst leben. Konfessionelle Unterschiede treten immer weiter zurück. Wir müssen die Welt in den Blick nehmen.“ Auch für Hans-Dieter Adam von der katholischen Stadtkirche, der die Entstehung des Zentrums eng begleitet hat, ist klar: „Es gibt so viel Verbindendes zwischen den Konfessionen. Gemeinsam wollen wir auf die Bewohner hier zugehen und ihnen Begegnung ermöglichen.“ Das unterstützt Johanna Weckenmann aus vollem Herzen. Auch sie wohnt im Europaviertel und ist zugleich Vorsitzende des Pfarrgemeinderates der alteingesessenen Pfarrei St. Pius in der angrenzenden Kuhwaldsiedlung. „Wir brauchen hier einen Ort zum Reden, sich Austauschen, einander Kennenlernen.“
Neu-Frankfurter suchen einen Treffpunkt
In zahlreichen Gesprächen, vor örtlichen Geschäften oder in Gesprächsrunden in Cafés und Restaurants, haben auch die evangelische Pfarrerin Katja Föhrenbach und der katholische Pastoralreferent Harald Stuntebeck, die Pax & People gemeinsam leiten, erfahren, dass die international geprägten Neu-Frankfurter vielfach keine kirchliche Bindung mitbringen, aber großes Interesse an einem gemeinsamen Treffpunkt haben.
„Wir wollen Kirchenferne mit der christlichen Botschaft in Berührung bringen und uns auf die spezifischen Lebenswelten und den Tagesrhythmus vor Ort einlassen“, sagen die beiden Theologen. Für Gottesdienste, Hochzeiten, Taufen, Beerdigungen oder Angebote für Kinder und Jugendliche sind weiterhin die katholischen und evangelischen Pfarreien im Gallusviertel und in der Kuhwaldsiedlung zuständig. Im ökumenischen Zentrum gibt es auf 130 Quadratmetern einen offenen Gemeinschaftsraum, eine Küche und einen Lichtraum genannten Andachtsraum, der wie ein hellerleuchteter Kubus in der Mitte des Zentrums angesiedelt ist.
Espresso und Stille
Im Pax & People startet mit der Eröffnungswoche ein regelmäßiges Programm, jeden Morgen von Montag bis Freitag gibt es eine Viertelstunde „Espresso und Stille“, ein Andachtsimpuls vor Arbeitsbeginn. Einmal wöchentlich wird zusammen gekocht und gegessen, mittwochs steht Meditation auf dem Programm. Dazu gibt es immer freitags kulturelle Themenabende mit Musik, Film, Kunst oder Literatur und jeden Dienstagabend „1viertel/3viertel“, eine Viertelstunde ethisch, religiös, politisch motivierter Impulse, ein Viertel Wein (oder Bier) und Gelegenheit zum Austausch. Daneben soll es weiterhin regelmäßig eine „Bibelsuppe“ in einem asiatischen Restaurant in der Nähe und einen Stammtisch für Interessierte geben.
Träger von Pax & People sind das evangelische Stadtdekanat, die katholische Stadtkirche Frankfurt und das Bistum Limburg. Zur Finanzierung tragen außerdem zwei Stiftungen bei. Die Kosten für Innenausbau und Ausstattung lagen bei 270.000 Euro.