Fasziniert von neuen Räumen
Interessiert, aufgeschlossen und nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen – so beschreibt sich Tobias Dera, neuer Leiter der citypastoralen Einrichtung Punctum in der Innenstadt. Es sind Eigenschaften, die bei der neuen Aufgabe hilfreich sein werden. Denn im Punctum, das mit seinem kleinen Café in einem hellen, freundlichen Glasbau direkt in der belebten Liebfrauenstraße untergebracht ist, herrscht stets viel Betrieb. Menschen kommen und gehen, trinken einen Kaffee an der Theke, wünschen sich ein Gespräch, wenden sich mit dem Gedanken eines Wiedereintritts in die Kirche ans Team oder wollen sich informieren über kirchliche Angebote und Veranstaltungen.
Neben dem neuen Leiter gibt es mit Gemeindereferent Jörg Harald Werron einen weiteren hauptamtlichen Mitarbeiter, eine Stelle ist derzeit noch vakant. Außerdem arbeiten zehn Ehrenamtliche mit. Kein Tag gleicht im Punctum dem anderen, die Grenzen zwischen spontaner Unterhaltung und Seelsorge sind fließend. Für Dera, der sich in der Pastoral zuhause fühlt, war diese Flexibilität ein attraktiver Faktor bei der Wahl seiner nächsten beruflichen Station. Denn sein Werdegang hat ihn genau darauf gut vorbereitet. „Nach dem Abitur habe ich als Freiwilliger in Taizé gearbeitet und dort ein starkes Gemeinschaftsgefühl kennengelernt“, erzählt Dera, der 1990 in Fulda geboren wurde und dort auch aufwuchs. „In Taizé gibt es diese Haltung der Vorläufigkeit, der ,Provisoire‘ – der Versuch sich immer wieder neu auf die Wirklichkeit Gottes einzulassen.“ 20 Monate blieb Dera im Dienst von Taizé, davon verbrachte er sechs in Rotterdam, wo er das auf Einladung der Bruderschaft jährlich stattfindende Europäische Jugendtreffen mit vorbereitete.
„Ich wollte ins wahre Leben hinaus“
„Diese Zeit hat mich geprägt, inspiriert und nachhaltig fasziniert“, sagt er rückblickend. Kein Wunder, dass er sich anschließend für ein Theologie- und Philosophie-Studium entschied. Von 2011 bis 2017 studierte er in Freiburg, nach dem Abschluss ging er an die Uni Tübingen. Doch dort merkte er nach und nach, dass dieser Weg nicht der richtige war. „Das fühlte sich alles zu theoretisch an, ich wollte ins wahre Leben hinaus.“
Anfang 2020 bot sich die Gelegenheit dazu: Tobias Dera wechselte als Studienleiter für Theologie und Philosophie an den Erbacher Hof, Akademie und Tagungszentrum des Bistums Mainz. Auch wenn die ersten Jahre stark von der Pandemie geprägt waren, kam er dennoch gut ins Arbeiten. Dera verantwortete dort Veranstaltungen aus den Themenbereichen Theologie und Philosophie und war darüber hinaus für die Junge Akademie und Queere Themen verantwortlich. Er kennt sich aus auf Social Media und anderen digitalen Kanälen, auf denen junge Menschen unterwegs sind. „Ich habe zum Beispiel mit dem Wissenschaftsjournalist und YouTuber Mirko Drotschmann alias MrWissen2go zusammengearbeitet und mit dem Videospiel ,Minecraft‘ gearbeitet, mithilfe dessen wir uns mit wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und religiösen Themen auseinander gesetzt haben.“ Aus dieser Erfahrung heraus interessiert er sich auch für neue Pastorale Räume wie zum Beispiel die „Gaming-Pastoral“: „Die digitale Welt macht einen wesentlichen Teil der Medienbeschäftigung junger Menschen aus, Spiele zum Beispiel eröffnen digitale Kreativitäts- und Begegnungsräume, die auch pastoral mitgestaltet und genutzt werden können“, erklärt er das Konzept.
Kein fertiges Konzept
Ein anderer interessanter pastoraler Raum ist für ihn die Innenstadt, durch die sich täglich hunderttausende von Menschen bewegen; manche regelmäßig, andere einmalig, und das Punctum mittendrin. Ein herausfordernder Arbeitsbereich, in dem viel möglich ist: „Wäre er weniger weit, wäre ich nicht so interessiert daran gewesen.“ Diese Weite versucht er auch in der eigenen Arbeit zu berücksichtigen. Dera, der mit seiner Frau in Mainz lebt und seine Freizeit gerne in der Natur verbringt, hat seinen neuen Job am 1. April deshalb nicht mit einem fertigen Konzept in der Tasche angetreten. „Ich möchte erstmal zuschauen und lernen“, sagt er. „Ich werde mich inspirieren lassen von Frankfurt und den Menschen.“
Weitere Informationen über das Punctum gibt es auf https://punctum-katholisch.de.