FRANKFURT
Genauere Beschreibung der Projekte
Monika Stanossek
Rat und Tat entstand aus der Erfahrung, dass sich Menschen oft an die Pfarrbüros oder die Seelsorger*innen gewandt haben mit Problemen, die sowohl das persönliche Leben als auch Kontakte zu Ämtern und Einrichtungen betrafen. Oft ging es auch darum, beim Ausfüllen von Anträgen oder anderen Formularen zu helfen. Diese Nachfrage mit der komplizierten Entwicklung im Sozialrecht überstieg die Möglichkeiten der Pfarrbüros. Seit der Übernahme des Quartiersmanagements durch den Caritasverband im Jahr 2008 war auch im Stadtteilbüro die Nachfrage nach Beratung hoch. Seit 2008 gab es das Hilfenetz, getragen von den katholischen und evangelischen Gemeinden und dem Caritasverband. In dieser bewährten Zusammenarbeit wurde die Idee einer niedrigschwelligen Anlaufstelle entwickelt, die Menschen in Krisensituationen unterstützt.
Ab Januar 2010 arbeitete eine Steuerungsgruppe, die sich aus jew. 2 Personen aus den Gemeinden und vom Caritasverband zusammen setzte, daran Leitlinien zu entwickeln.
„Das Ziel ist, die Ratsuchenden dabei zu unterstützen, ihre Probleme selbst in Angriff zu nehmen. Die Beraterinnen und Berater arbeiten Ressourcen orientiert, das bedeutet, die Fähigkeiten der Menschen bei der Lösung des jeweiligen Problems zu nutzen. Grundsätzlich werden die Menschen mit ihren Anliegen ernst genommen.“ (aus dem Kurzkonzept zu Rat & Tat)
Im September 2010 wurde Rat & Tat eröffnet. Seitdem werden an zwei Tagen in der Woche für ca. 2,5 Stunden Beratungstermine angeboten. In der Regel sind drei Berater* innen anwesend. Die Beratung geschieht durch Ehrenamtliche, die in Schulungen auf ihre Tätigkeit vorbereitet wurden und werden. Die Weiterqualifizierung und Fallbesprechung erfolgt in regelmäßigen Abstanden im Rahmen von Teamsitzungen und wird durch die Steuerungsgruppe organisiert. Die fachliche Begleitung wird durch Mitarbeitende des CV sichergestellt, während der Öffnungszeiten gibt es eine Rufbereitschaft, die von den Hauptamtlichen der Gemeinden und des Quartiersmanagements gewährleistet wird. Die Berater* innen sind Christen*innen der katholischen und evangelischen Gemeinden, Mitglieder der Moscheegemeinden und Menschen, die sich keiner Religion zugehörig fühlen. Sie bieten Beratung in Deutsch, Russisch, Französisch, Arabisch, Marokkanisch, Kosovo-Albanisch, Spanisch und Englisch an. Diese Vielfalt ist für den internationalen Stadtteil Gallus sehr wichtig.
Von Beginn an war für die Arbeit von Rat & Tat unerlässlich die Vernetzung und Nutzung vorhandener Ressourcen im Stadtteil. Kooperationen zu verschiedenen Einrichtungen wurden aufgebaut.
Lisa Gerdom
1. Zielsetzung und Schwerpunkte
- Alltagshilfen: Die Hilfenetze unterstützen Seniorinnen und Senioren, Menschen mit Erkrankung und Behinderung, das Alltägliche Leben zu Hause besser zur bewältigen. So wird eine lange Selbstständigkeit im eigenen Umfeld ermöglicht. Zu diesen Hilfen zählen; Putzhilfen, Treppenhausreinigung, Vorhänge waschen und aufhängen, Fenster putzen, Wäsche und Bügeldienst, Gartenarbeiten, kleine Reparaturen, Einkaufen, Botengänge, Spazieren gehen, Begleitung zum Arzt und individuelle Anfragen nach Absprache.
- Niedrigschwellige Beschäftigungsmöglichkeit für Menschen mit geringem Einkommen und Langzeitarbeitslose: Das Angebot bietet niedrigschwellig, flexibel und wohnortnah Beschäftigung für Menschen mit geringem Einkommen, die auf einen Zuverdienst angewiesen sind. Sie ermöglichen diesen damit eine sinnstiftende Arbeit, für die sie viel Anerkennung bekommen. Auch Langzeitarbeitslosen wird auf diese Weise eine Perspektive geboten, so etwa durch einen strukturierten Tagesablauf und eine finanzielle Unterstützung.
- Milieu-übergreifende Begegnung: Die Hilfenetze wirken sich positiv auf den Stadtteil aus und ermöglichen eine Integration der Zielgruppen in ihr Umfeld: Es entstehen nachbarschaftliche Kontakte zwischen Personengruppen, die sich sonst nicht begegnen würden. Vorurteile und Ängste werden abgebaut, es entstehen sogar Freundschaften.
2. Rolle der Kirchengemeinden
- Als reine Ehrenamtsprojekte in den Kirchengemeinden entstanden, haben die Hilfenetze schnell an Größe zugenommen. Auch heute liegt die Steuerung der Arbeit im Wesentlichen bei den Gemeinden vor Ort. Der Caritasverband Frankfurt e.V. unterstützt als kompetenter Partner inder Geschäftsführung und Betreuung der Hilfenetze.
- Die Kirchengemeinden spielen entsprechend eine zentrale Rolle im Konzept der nachbarschaftlichen Hilfenetze. An ihre „Soziale Kontakt- und Vermittlungsstelle“ wenden sich die Hilfesuchenden, meist ältere Menschen aus der Umgebung. Über die Gemeinden entsteht auch der Kontakt zu Menschen, die sich als Helferinnen und Helfer betätigen möchten.
- Eine ehrenamtliche Steuerungsgruppe, in der sich alle beteiligten Gemeinden des jeweiligen Hilfenetzes engagieren begleitet und unterstützt vor Ort die Arbeit der Vermittlungsstelle und stellt die Kontakte in den Stadtteil her. Gemeinsam mit dem Caritasverband entscheiden die ehrenamtlichen Beteiligten auch über die fachliche und finanzielle Weiterentwicklung der Hilfenetze stadtweit.
Rudolf Fleckenstein
Der Kleiderladen in Unterliederbach wurde vor rund zehn Jahren eröffnet.
Auf der Website des Caritasverbandes sind dazu folgende Informationen aufgeführt: „Der Second-Hand-Laden Kleider am Alleehaus bietet hilfebedürftigen Familien und Menschen, die in Not geraten sind, die Möglichkeit, kostengünstig Kleidung und Haushaltsartikel zu erwerben. Daneben bietet die Einrichtung Beschäftigung und Qualifizierung für arbeitslose Menschen. Der Laden wird von den Beschäftigungsbetrieben des Caritasverbandes Frankfurt e. V., Cariteam, in ehrenamtlicher Kooperation mit der Katholischen Gemeinde St. Johannes Apostel betrieben und bietet ein breit gefächertes Sortiment gebrauchter Damen-, Herren-, Kindertextilien, Haushaltsartikel sowie Elektrokleingeräte an.
Einkaufen können alle Inhaber eines Frankfurt-Passes, ALG II-Bescheides oder entsprechenden Berichtigungsscheines. Außerdem Studentinnen und Studenten mit gültigem Personalausweis. (Den Frankfurt-Pass erhalten Sie bei Ihrem zuständigen Sozialrathaus, Berechtigungsscheine geben kirchliche und soziale Beratungsstellen aus.)
Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag 10:00 bis 17:30 Uhr
Mittwoch 18.00 bis 20:00 Uhr
Samstag 10:00 bis 14:00 Uhr
Im Kleiderladen sind langzeitarbeitslose Menschen im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten (AGH) beschäftigt, außerdem gibt es die Möglichkeit eine außerbetriebliche Ausbildung zur/zum Kauffrau/Kaufmann im Einzelhandel zu absolvieren.
Ziele sind, neben Beschäftigung und Ausbildung, auch soziale Teilhabe zu ermöglichen sowie das „Erlernen“ einer Tagesstruktur.
Der Verein „Caritas der Gemeinde“ der Gemeinde St. Johannes, Apostel stellt die Ehrenamtlichen. Derzeit umfasst die Gruppe der Ehrenamtlichen rund 35 Personen.
Ehrenamtliche übernehmen jeweils am Mittwochabend und samstags den Verkauf und die Spendenannahme. Bei Bedarf verweisen sie die Kunden an Caritas- bzw. Gemeindeprojekte, wie z.B. Hilfenetz, Schuldnerberatung, Ehrenamtliche Sozialberatung. Die Kunden sind Menschen, die Transferleistungen erhalten oder Frankfurt-Pass- oder Tafel-Ausweis-Inhaber sind (siehe oben).
An Samstagen, wenn die Ehrenamtlichen den Verkauf übernehmen, gibt es auch die Möglichkeit ohne Frankfurt-
Pass einzukaufen. Bei Notfällen wird Kleidung auch kostenlos gegen Gutscheine ausgegeben, die die Gemeinde
ausgibt.
Bei einigen ehrenamtlichen Helfer*innen steht auch die soziale Teilhabe im Vordergrund.
Die Spender geben in der Regel guterhaltene Kleidung im Sinne einer nachhaltigen sozialen Weiterverwertung ab.
Problematisch:
- derzeit gibt es keine „verantwortliche“ Ansprechperson seitens der Gemeinde (Ansprechperson und Koordinatorin der Ehrenamtlichen war bislang Frau Aßmann).
- Die Kommunikation zwischen Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen gestaltet sich mitunter schwierig, da es unterschiedliche Sichtweisen zum operativen Geschäft gibt. Die Ansprüche der Ehrenamtlichen sind von den Beschäftigten nicht einzulösen, z.B. wegen gesetzlicher Vorgaben (Finanzamt, Arbeitsschutz).
- Konflikte treten auf zwischen Ehrenamtlichen und „schwierigen“ Kunden.
Positiv:
- Ehrenamtliche übernehmen Öffnungszeiten am Wochenende und abends, was sowohl Kunden als auch Spendern zu Gute kommt.
- Die Ehrenamtlichen kennen den Stadtteil und die örtlichen Hilfesysteme.
- Konstruktive und sichtbare Kooperation von Caritasverband und Gemeinde zum Wohle von Menschen in Notlagen
- Der Kleiderladen ist in den Stadtteil integriert und arbeitet sozialraumorientiert.
Robert Seither
Gründung des Projekts 2001 aufgrund einer Initiative der damaligen Pfarrei Frauenfrieden. Schaffung von ursprünglich 5 Wohneinheiten (aktuell 4) mit je 2 Zimmern und Bad sowie Gemeinschaftsküche und gemeinsamem Wohnzimmer im Pfarrhaus.
Ziele
- Bereitstellung von geschütztem Wohnraum für schwangere Frauen und alleinerziehende Mütter, die sich in einer Notlage befinden und nicht in ihrer bisherigen Wohnung bleiben können.
- Sozialpädagogische Beratung und Unterstützung durch hauptamtliche Mitarbeiterinnen des CV.
- Ergänzende Angebote von Freizeitaktivitäten, Hilfe bei Behördengängen und individueller Begleitung durch Ehrenamtliche der Pfarrei.
- Fortsetzung der Unterstützung nach dem Umzug in eine eigene Wohnung.
Struktur
- Grundlage: Kooperationsvereinbarung Pfarrei-CV
- Zuständigkeiten CV
- Einzelfallverantwortung der hauptamtlichen Mitarbeiter
- Erstellung eines verbindlichen Hilfeplans
- regelmäßige Präsenz im Wohnprojekt
- regelmäßige Gespräche mit Bewohnerinnen
- Information der ehrenamtlichen Begleiterinnen über
- Neuzugänge
- regelmäßige Abstimmungsgespräche mit Ehrenamtlichen
Zuständigkeiten Pfarrei / Ehrenamtliche
- Vermietung der Wohnungen
- Gruppenangebote für Bewohnerinnen
- Individuelle Unterstützung wie Kinderbetreuung
- ergänzende Einzelfallhilfe, nur in Absprache mit der verantwortlichen CVMitarbeiterin
- Erfahrungen
Durchschnittliche Verweildauer: ca. 1-1,5 Jahre.
Über die gesamte Laufzeit des Projekts wohnten über 70 Frauen mit ihren Kindern im p.fiff. Viele Frauen erhielten Orientierung und Unterstützung dabei, ihr Leben selbständig zu meistern. Ehrenamtliche leisteten einen großen Beitrag zur wohnlichen Gestaltung der Gemeinschaftsräume, schauen nach Ordnung und Sauberkeit. Kinderbetreuung durch Ehrenamtliche ermöglicht Frauen Behördengänge, Arztbesuche, Besuch von Sprachkursen usw.. Mit Unterstützung der Ehrenamtlichen konnten viele Bewohnerinnen eine eigene Wohnung finden, bei Bedarf renovieren und einrichten.
Pia Arnold-Rammé
Auslöser für das Projekt war eine Stadtversammlung im Oktober 2018, die sich mit dem Thema Wohnen in Frankfurt beschäftigte und eine Veranstaltung im November 2018 mit Bischof Bätzing im Caritasverband zum Jahresthema 2018 „Jeder Mensch braucht ein Zuhause“.
Es bildete sich eine Projektgruppe mit Mitgliedern aus verschiedenen Bereichen der Stadtkirche und des Caritasverbandes, die Vorüberlegungen zum Thema angestellt hat. Diese wurden in einem „Ratschlag Wohnen“ im Mai 2019 in einer öffentlichen Veranstaltung mit etwa 50 Teilnehmer/innen ausführlich diskutiert. In der Projektgruppe arbeiten mit bzw. haben mitgearbeitet: Stefan Griebel-Beutin und Heinz Klieber vom Caritasverband Frankfurt, Dr. Daniela Marschall-Kehrel und Michael Vetter vom Stadtsynodalrat, Guido Schell vom Gesamtverband der Frankfurter Katholiken, Robert Seither, Pastoralreferent und Mitglied einer Wohngruppe, Dr. Thomas Wagner, Studienleiter Rhabanus-Maurus- Akademie und Pia Arnold-Rammé, Referentin Sozialpastoral in der Frankfurter Stadtkirche und Koordinatorin des Projektes.
Ziele dieses Projektes sollen sein: Schaffung von bezahlbaren Wohnraum, vor allem für Anspruchsberechtigte; Vermietung von vorhandenem Wohnraum nach sozialen Kriterien; Berücksichtigung von gemeinschaftlich genutzten bebauten und unbebauten Raum bei Neubauprojekten; Förderung alternativer, auch christlich geprägter Wohn- und Arbeitsformen; Sichtung von anderen Akteuren in der Stadtgesellschaft und Ausloten von Vernetzungsmöglichkeiten und Synergien.
Dazu bildeten sich vier Projektgruppen:
Vermietung vorhandenen Wohnraumes: hier fand ein Treffen mit Vertreter/innen fast aller Frankfurter Verwaltungsräte statt. Es entstand die Idee, einen „Leitfaden Wohnen“ zu erstellen. Erarbeitet wurde dieser von Pia Arnold-Rammé und Heinz Klieber. Veröffentlicht wurde der Leitfaden 2020.
Schaffung von Wohnraum: Hier gibt es eine kleine Gruppe unter Leitung von Stefan Griebel-Beutin und Heinz Klieber, die lange nach einer Pfarrei gesucht haben, die sich als Pilotprojekt für dieses Thema anbietet. Mittlerweile hat sich die Pfarrei St. Josef angeboten und erste Gespräche über vorhandenen Flächen und Gebäude wurden bereits geführt.
Alternative Wohn- und Arbeitsformen: Es gibt Interessenten für alternative, auch christliche geprägte Wohnformen. Dies könnte ein „Zeichen der Zeit“ sein: die traditionellen Formen (Ordensgemeinschaften etc.) nehmen ab, neue Formen finden sich, die die Unterstützung durch die Kirche und ihre Immobilien verdienen. Auch hier gibt es eine Gruppe, die von Robert Seither geleitet wird. Die Gruppe hat ein Papier verfasst, das das Anliegen des gemeinschaftlichen Wohnens und die Möglichkeiten der Konzeptvergabe von Wohnraum und Grundstücken beschreibt. Dieser Text wird in den Leitfaden aufgenommen. Außerdem ist zurzeit in der Realisierung, das Gebäude des ehemaligen Oratoriums in St. Michael an eine Wohngruppe gemeinsam miteiner Baugenossenschaft zu übergeben.
Übersicht und Vernetzung: dieses Thema wird von Pia Arnold-Rammé und Thomas Wagner bearbeitet. Ein erstes Ergebnis ist die Veranstaltungsreihe „Leuchttürme – Gute Beispiele für die Schaffung von sozialem Wohnraum in der Zusammenarbeit verschiedener kirchlicher und kommunaler Akteure“. Hier werden gute Beispiele aus der Stadtkirche (St. Aposteln, Frankfurt-Sachsenhausen und Maria Rosenkranz Frankfurt-Seckbach) und aus anderen Städten (Köln, Münster Stuttgart) vorgestellt. Eingeladen wurden gezielt die Mitglieder der synodalen Gremien in Frankfurt.
Zusammenfassung: Das Projekt läuft gut, die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Akteure im Projekt ist kein Problem. Hauptproblem ist die Sensibilisierung der Pfarreien und dabei insbesondere der Verwaltungsräte für das Thema.