Franziskus und Luther reisen nach Berlin
FRANKFURT.- Da stehen sie auf Gleis 13 des Frankfurter Hauptbahnhofs, Papst Franziskus und der Reformator Martin Luther, und warten wie viele andere Reisende auf die Abfahrt des Zuges nach Berlin. Um 11.02 Uhr am Dienstag, 23. Mai, starten die beiden zu ihrem großen Auftritt beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in der Hauptstadt. Fotografen und Filmteams drängen sich um die prominenten Figuren und auch die Zugreisenden riskieren einen Blick oder zücken gleich ihr Smartphone für ein Erinnerungsfoto.
Die lebensgroßen Kunstfiguren Franziskus und Luther, geschaffen von der Frankfurter Künstlerin Dina Draeger, gehören zu einem Kunstprojekt des Arbeitskreises Ökumene in Nied. Initiator ist Armin Nagel von der katholischen Pfarrei St. Markus im Frankfurter Stadtteil Nied. Unter dem Motto „Luther trifft Franziskus“ sind die beiden Promis seit einigen Wochen unterwegs, um die Menschen im Jahr des Reformationsjubiläums ins Gespräch zu bringen, über das was die Konfessionen bis heute trennt, aber auch über das, was sie eint.
Fragen an Luther und Franziskus
Das gelingt schon vor Abfahrt des Zuges im ICE-Großraumwagen. Eine Frau, die selbst auf dem Weg zum Kirchentag ist, lässt sich nicht lange bitten und eröffnet das Gespräch mit Papst und Reformator: „Die Rolle der Frau in der katholischen Kirche sollte dringend reformiert werden. Können Sie da nicht mehr tun?“, meint sie. Aber auch an Luther hat sie einige Fragen, was seine oft rüden Anmerkungen und verbalen Grobheiten angeht.
Für den katholischen Dekan Rolf Glaser aus Nied geht es auch um die Frage, was die christlichen Kirchen eigentlich feiern nach 500 Jahren der Trennung. Leid, Kriege und Gewalt hätten das Verhältnis der Konfessionen über weite Strecken bestimmt. Aber das Zusammenwirken von evangelischer und katholischer Kirche gebe auch Anlass zur Hoffnung. Die Ökumene im Stadtteil Nied, in der ganzen Stadt und im Land funktioniere zunehmend besser. Luther habe nicht nur die Trennung herbeigeführt, er habe auch die Kirche verändert: „Daher feiern wir in diesem Jahr mit Freude ein kleines Reformationsfest mit Luther und Franziskus.“
In Berlin haben die beiden verschiedene Termine auf dem Evangelischen Kirchentag. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm hat die Schirmherrschaft über das Projekt übernommen. Anschließend gehen die Reformationsfeierlichkeiten für Luther und Franziskus in Frankfurt weiter. (dw)