Frankfurt

Ohne menschliche Inspiration geht es nicht

Was kann Künstliche Intelligenz leisten? Und wird der Mensch überhaupt noch gebraucht? Diese Fragen stellen sich Kinder bei einer gemeinsamen Ferienaktion der ökumenischen Einrichtung Pax&People und des Vereins Blumenfeld im Europaviertel – und entwickeln dazu ein eigenes Computerspiel.

In der Hand hält Yining (13) eine kleine gelbe Figur, die entfernt an eine Ente erinnert. Die gleiche Figur ist auch auf dem Bildschirm zu sehen – digital zum Leben erweckt durch Künstliche Intelligenz. Gemütlich watschelt sie durch eine virtuelle Welt auf der Online-Spieleplattform Roblox, auf der Nutzer eigene, kleine Computerspiele erstellen und spielen können. Beim gemeinsamen Digital Campus der ökumenischen Einrichtung Pax&People und dem chinesisch-deutschen Kunst- und Begegnungsverein Blumenfeld geht es genau darum: Acht Kinder und Jugendliche entwickeln eine Woche lang in den Sommerferien gemeinsam ein Computerspiel, das die Geschichte der Arche Noah interaktiv erzählt. Wenn das Game fertig ist, sollen die Nutzerinnen und Nutzer in der virtuellen Welt als Noah Baumaterial für die Arche sammeln und später die Tiere davon überzeugen, mit aufs Boot zu kommen. Das dauert allerdings noch.

Angefangen hat die Gruppe mit der Entwicklung bei einem mehrtägigen Workshop in den Osterferien, nun haben sie eine Woche in den Sommerferien daran gearbeitet und machen im Herbst weiter. Das Projekt verfolgt dabei gleich mehrere Ziele. Einerseits geht es ums Technische. Denn auch wenn mit KI heute vieles einfach möglich ist, liegt hinter der simplen Digitalisierung ein komplexer Programmcode. Die Kinder, von denen viele Chinesisch sprechen und die größtenteils im Europaviertel leben, lernen so schon früh die Kunst des Programmierens kennen. Andererseits verfolgen die Erwachsenen, die das Digitalcamp konzipiert haben, einen größeren Ansatz, der fast philosophisch anmutet. Den nämlich, dass Künstliche Intelligenz sehr nützlich sein, den Menschen aber keinesfalls ersetzen kann.

Modelle selbst mit den Händen bauen

„Ohne menschliche Ideen, ohne menschliche Inspiration geht es nicht“, sagt Zhiyong Zhang. „Uns war es wichtig, dass die Kinder ihre Modelle selbst mit den Händen bauen und nicht digital am Rechner. Dafür nutzen wir nachhaltige Materialien, zum Beispiel alten Karton oder upgecyceltes Holz.“ Der zwölfjährige Sean hat Musik auf dem Klavier eingespielt, andere Kinder und Jugendliche haben ihre Stimmen aufgenommen und so Erklärungen beigesteuert. Die Kreativität kommt vom Menschen, die KI hilft lediglich dabei, alles zusammenzufassen – so, wie es sein sollte. „Viele haben Angst vor Künstlicher Intelligenz, dabei kann sie eine tolle Unterstützung sein, sofern wir unseren eigenen Anteil am Schaffensprozess nicht aus der Hand geben“, sagt Zhang. Gemeinsam mit Künstlerin Huijuan Ran und Industriedesigner Wei Huan betreut er die technische Seite des Projekts, alle drei sind Mitglieder im Verein Blumenfeld, der sich im Europaviertel für die große chinesische Community engagiert.

Die großen Themen des Lebens

Harald Stuntebeck, Pastoralreferent und Geschäftsführer der Einrichtung Pax&People (Kirche im Europaviertel) steuert die theologische Komponente zum Computerspiel bei. Denn im Noah-Spiel geht es auch um die großen Themen des Lebens. „Noah muss die Tiere überzeugen, mit ihm zu kommen, doch diese haben viele Fragen“, so Stuntebeck. Mit welcher Motivation entscheide ich mich für einen Weg? Wie gehe ich mit Ängsten um? Wie lerne ich zu vertrauen? Wichtige Themen, die gerade auch Heranwachsende beschäftigen.

Digital Geschichten vermitteln

Für Zhiyong Zhang ist die Noah-Geschichte dahinter das Allerwichtigste am Projekt. „Wir haben uns für die Form des Computerspiels entschieden, weil das Digitale ein Weg ist, Kindern wichtige Geschichten zu vermitteln“, sagt er. Mit dieser Einschätzung steht er nicht alleine da, viele Bistümer experimentieren längst mit der sogenannten Digital-Pastoral, also kirchlichen Angeboten im digitalen Raum. Die Kinder erschließen sich die Geschichte von Noah und der Arche selbst aktiv als Entwickler ihres eigenen Spieleuniversums. Und Harald Stuntebeck spielt und singt mit ihnen christliche Lieder über Noah.

Es ist übrigens nicht die erste Kooperation zwischen Pax&People und dem Verein Blumenfeld: Huijuan Ran bietet regelmäßig Malkurse in den Räumlichkeiten in der Pariser Straße an, hat schon mehrere Ausstellungen hier gezeigt – und als in der Corona-Zeit dringend Masken gebraucht wurden, organisierte sie diese Paketeweise aus China. Zum Dank gab es einen Deutsch-Chinesischen Zoom-Gesprächskreis zum Deutsch-Üben. „Die chinesische Community ist die Größte hier im Europaviertel“, so Stuntebeck, der sich freut, dass er mit vielen Menschen trotz einer hohen Fluktuation im Viertel auch über den Wegzug hinaus verbunden bleibt.

Pax&People

Pax&People - Kirche im Europaviertel ist eine Einrichtung der Evangelischen und der Katholischen Kirche. Träger sind das Bistum Limburg, die Katholische Stadtkirche Frankfurt und das Evangelische Stadtdekanat Frankfurt.

Gedacht ist die Einrichtung als Ort für Begegnung und Spiritualität im neu entstandenen Europaviertel. Sie bietet einen Raum, an dem Menschen sich kennen lernen und treffen können. Interessierte können sich an den Angeboten beteiligen oder eigenen Ideen einbringen.

Die Angebote dienen dazu, sich in der Nachbarschaft kennen zu lernen und sich über aktuelle ethische sowie religiöse Themen auszutauschen. Die spiriutellen Angebote laden ein, zur Ruhe zu kommen und die eigene Spiritualität zu entdecken und zu entwickeln.

Die religiösen und spirituellen  Impulse sind christlich – katholisch und evangelisch. Das Team sucht den Austausch mit  Menschen, die der christlichen, einer anderen oder gar keiner Religion angehören, über Religion, Politik und Ethik. Die Angebote sind offen, unabhängig davon ob und falls ja, welcher religiösen Gemeinschaft die Gäste angehören.

Finanziert wird das Projekt durch das Bistum Limburg und das Evangelische Stadtdekanat Frankfurt. Außerdem wird Pax&People durch die Evangelische Zukunftsstiftung Frankfurt und die Hans-und-Maria-Kreiling-Stiftung unterstützt. Mehr lesen: https://pax-und-people.de 

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