FRANKFURT

In der Gesellschaft haben es Frauen geschafft – auch in den Religionen?

Im Aufbegehren von Frauen und dem Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland könnte die letzte Chance für die Kirche liegen.

Frauen haben in Sachen Religion nichts zu melden – oder doch? Dieser Frage ging eine prominent besetzte Podiumsdiskussion im Haus am Dom nach. Auf Einladung der Katholischen Erwachsenenbildung Frankfurt kamen am Donnerstag, 7. November, Stadtdekan Johannes zu Eltz, die islamische Frauenrechtlerin Seyran Ates, Rabbinerin Ulrike Offenberg und Lisa Kötter von der katholischen Frauenbewegung Maria 2.0 miteinander ins Gespräch.

Sämtliche Frauen, die sich für eine religiöse Gleichstellung einsetzen, sind nach Erfahrung der Betroffenen sexualisierten Beschimpfungen ausgesetzt. Ulrike Offenberg berichtete von gemeinsamen Gebeten mit einer liberalen Frauengruppe an der Klagemauer in Israel, bei denen sie lautstark verbal angefeindet und bespuckt wurden – auch von anderen Frauen. Das gemeinsame Gebet könne so zu einer Art „Kampfbeten“ werden, das zunächst wie ein Schutz gegen die Attacken wirkt und letztlich eine ganz eigene, besondere Form der Spiritualität ermöglicht. Ähnliche Erfahrungen konnte auch Seyran Ates bestätigen, die in Berlin eine liberale Moschee gegründet hat, in der Frauen und Männer Seite an Seite beten können. Aufgrund konkreter Bedrohungen findet das Freitagsgebet immer unter Polizeischutz statt. Haben sich die Gläubigen erst einmal durch diesen Sicherheitswall hindurch begeben, ist das Eintauchen in das gemeinsame Gebet umso vereinender, wie Ates berichtet.

Lisa Kötter betonte, dass die Bewegung Maria 2.0, die in Münster gegründet wurde, nicht geprägt wird von den Frauen dieser westfälischen Stadt. In dieser Bewegung gehe es um die unzähligen Frauen, die in der katholischen Kirche etwas ändern wollen. Insbesondere viele Ältere seien dabei, bei denen sich eine immense Summe an Demütigungen und Verletzungen aufgebaut habe. Jetzt, wo alle theologischen Argumente bereits seit Jahren ausgetauscht seien, wollten die älteren Frauen den Weg für kommende Generationen bereiten. Dies sei fast zu spät, denn die jungen Frauen „sind eigentlich schon weg“, wie Kötter feststellte.

Gläubige verlassen die Kirche, weil sie nicht mit einer Institution verbunden sein wollen, die komplett erstarrt ist. „Sie nehmen ihren Glauben mit wie etwas, das in Sicherheit gebracht werden muss“, merkte der Frankfurter Stadtdekan an. Den Synodalen Weg sieht er als letzte große Chance der Kirche, aus eigener Einsicht selbst in die Form zu kommen, die ihren Fortbestand sichert. Dieser Weg könne gelingen, „wenn der Papst nicht reingrätscht“. Der Vatikan müsse den Zentralismus aufbrechen und ermöglichen, dass weltweit gleiche Fragen unterschiedlich geregelt werden. Die Beständigkeit der Kirche sei Christus – nicht sie selbst. Außerordentlich erfreut zeigte sich zu Eltz darüber, dass die Plenarversammlungen des Synodalen Wegs im Frankfurter Bartholomäus-Dom stattfinden. Die historische Bedeutung Frankfurts als Wiege der Demokratie in Deutschland sei ein starkes Zeichen.

Am Freitag, 17. Januar 2020 folgt eine weitere Veranstaltung der Katholischen Erwachsenenbildung im Bistum Limburg (KEB) zum Thema „Frauen in Religion und Gesellschaft“. In der Stadthalle Hofheim wird es dann ab 19 Uhr darum gehen, ob und inwieweit sich die Gesellschaft bezüglich der Gleichstellung wirklich verändert hat.

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