Frankfurt, 11.09.2020
Caritas und Diakonie: Mehr Orte für Wohnungslose schaffen!
Mit Sorge gehen die Einrichtungen für Wohnungslose des Diakonischen Werkes für Frankfurt und Offenbach und des Caritasverbands Frankfurt e. V. auf den Herbst und Winter zu. „Wegen der Corona-bedingten Hygiene- und Abstandsregeln dürfen sich beispielsweise im Tagestreff des WESER5 Diakoniezentrums maximal 50 Besucherinnen und Besucher gleichzeitig aufhalten“, sagt Karin Kühn, Arbeitsbereichsleiterin Diakonische Dienste bei der Diakonie. In den Herbst- und Wintermonaten kommen sonst bis zu 200 Menschen am Tag dorthin.
„Viele würden im Winter gerne den ganzen Tag über bleiben“, sagt Jürgen Mühlfeld, der Leiter von WESER5 in Frankfurt. Nun überlegt Mühlfeld, die Verweildauer zu verkürzen und Besucherinnen und Besucher etappenweise einzulassen, damit sich mehr Menschen aufwärmen und ausruhen können. Die beliebten Strandkörbe im Tagestreff, die viele nach durchwachten Nächten nutzen, um tagsüber zu schlafen, mussten schon beiseite geräumt werden, um weitere Tische und Stühle in den nötigen Abständen zueinander aufstellen zu können.
„Die Begrenzung der Aufenthaltszeit ist ein notwendiger Schritt, damit unsere Gäste mit dem gebotenen Abstand Platz nehmen, sich ausruhen und warme Mahlzeiten zu sich nehmen können“, sagt auch Sascha Keßler, Leiter des Caritas-Tagesaufenthalts Bärenstraße in Frankfurt. „Während des Lockdowns haben sich die Tagestreffs von Diakonie und Caritas eng mit der Bahnhofsmission, der Teestube Jona und dem Franziskustreff abgestimmt und trotz des erhöhten Aufwands und zusätzlicher Maßnahmen die Angebote aufrecht erhalten, “ ergänzt Angelina Schmidt, Referatsleiterin Wohnungslosenhilfe im Caritasverband Frankfurt e. V.
Mehr Ressourcen dringend gebraucht
Zum bundesweiten Tag der Wohnungslosen am 11. September fordern Diakonie und Caritas in Frankfurt am Main die Stadtgesellschaft auf, gerade in Zeiten der Corona-Pandemie die Bedürfnisse von Wohnungslosen noch stärker in den Blick zu nehmen und mehr Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Insbesondere für die kommende kalte Jahreszeit gilt es, den Bedarf an weiteren Schlafplätzen in der Nacht zu gewährleisten.
Weiter müssen zusätzliche Räume für geschützte Aufenthaltsmöglichkeiten am Tag zur Verfügung gestellt werden. "Diese sogenannten ambulanten Hilfen müssen in Verantwortung des zuständigen Kostenträgers, nämlich dem Land Hessen, bedarfsgerecht erweitert und finanziert werden", heißt es in einer Mitteilung von Caritas und Diakonie.
Auch die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wohnungslosenhilfe müsse besser geschützt werden. Denn als viele Angebote zu Beginn der Corona-Pandemie eingestellt wurden, blieben alle Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe in Frankfurt am Main, etwa die Bahnhofsmission, Tagestreffs und Beratungsstellen, geöffnet. „Es wäre gut gewesen, wenn die Wohnungsnotfallhilfe vom Land Hessen als systemrelevant eingestuft worden wäre, dann wäre manches leichter abzufedern gewesen, beispielsweise dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht zur Arbeit kommen konnten, weil sie ihre Kinder betreuen mussten.“ Für die Einrichtungen wäre es zudem sehr hilfreich, wenn sich die Angestellten bei Bedarf kostenlos testen lassen könnten. „Damit würden wir Unsicherheiten begegnen, wenn jemand mit Corona-Verdachtsfällen in Berührung gekommen ist“, sagen die zuständigen Verantwortlichen von Caritas und Diakonie.
Das Grundproblem bleibt
Ein Grundproblem ist und bleibt fehlender bezahlbarer Wohnraum. Wohnungslose, die wieder eine eigene Wohnung beziehen könnten, konkurrieren mit anderen Bevölkerungsgruppen. „Es dauert drei bis vier Jahre, bevor beim Amt für Wohnungswesen Registrierte überhaupt ein erstes Wohnungsangebot erhalten“, macht Karin Kühn deutlich. Diakonie und Caritas schlagen daher vor, im geförderten Wohnungsbau den Anteil für Sozialwohnungen deutlich zu erhöhen. Weiter sollte dabei auch ein Kontingent speziell für Wohnungslose festgelegt werden, beispielsweise über die im Baurecht mögliche Konzeptvergabe. „Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit sind zentrale gesellschaftliche Probleme, die sich angesichts der Folgen der Corona-Pandemie noch zu verschärfen drohen“, sagt Angelina Schmidt.