27.08.2017
Glauben in Verantwortung und Freiheit
FRANKFURT.- Die Pilger aus Höchst eilen im Laufschritt zum Kaiserdom St. Bartholomäus. Eigentlich sollte an diesem Sonntag, 27. August, alles etwas entspannter sein als in den Vorjahren. Zum ersten Mal war der große Festgottesdienst zu Ehren des Stadtheiligen und Dompatrons Bartholomäus auf 11 Uhr verlegt worden. Zeit genug also für alle Wallfahrer, die mit Fahrrädern, der U-Bahn oder zu Fuß zum Dom pilgerten. Doch ausgerechnet die Wallfahrer, die mainaufwärts mit dem Schiff aus Höchst gekommen waren, konnten nicht wie gewohnt zum Eisernen Steg durchfahren. Wegen der Drachenbootrennen zum Museumsuferfest war schon an der Friedensbrücke Schluss. Aber was echte Pilger sind, die schaffen auch das: die Messdiener packen das Kreuz etwas fester und raffen die langen Gewänder, die Fahnenträger schnappen sich ihre Banner, die Musiker ihre Instrumente, die Gläubigen die Liedzettel und so gerade noch pünktlich drücken sie sich vor der Reliquienprozession in den überfüllten Dom.
Drinnen begrüßt Stadtdekan Johannes zu Eltz die abgehetzten Pilger besonders herzlich, aber auch den mehr als 1.000 anderen Gläubigen gilt sein Gruß. Was das Bartholomäusfest für die Menschen bedeutet, zeigt ein Brief, den er verliest: Der Schreiber bittet in holprigem Deutsch, aber umso eindringlicher, um ein Gebet für seine Eltern und Verwandten im Nahen Osten. „Schutz, Heilung und Hilfe“ mögen ihnen sicher sein, wenn der Stadtdekan seinen Brief auf die Apostelreliquie legt und ihm das so geweihte Bildzurückgesandt werde. Etwas von dieser tiefen Frömmigkeit wird auch später deutlich, als die Menschen nach dem Gottesdienst in die Wahlkapelle gehen, um noch einmal stille Zwiesprache mit dem Heiligen zu halten. Die Schädeldecke des Heiligen Bartholomäus, eines der Apostel Jesu, die seit mehr als 1.000 Jahren im Kaiserdom aufbewahrt wird, kann nur einmal jährlich im Gottesdienst feierlich verehrt werden.
Im Anderen zuerst das Gute sehen
In seiner Predigt geht Stadtdekan zu Eltz auf die Bibelstelle ein, in der Nathanael (Bartholomäus) als einer der ersten Jünger von Jesus berufen wurde, obwohl er ihm zunächst mit Skepsis begegnete. Jesus bringe ihm dennoch Vertrauen entgegen und Vertrauen sei das wesentliche Element seiner Botschaft: „Vertrauen, damit steht und fällt das Evangelium.“ Vertrauen bedeute vor allem, immer zuerst mit dem Guten zu rechnen. Auch wenn es nicht jeden leicht falle, in jede Begegnung, in jedes Gespräch, bei der Arbeit, im Wahlkampf einen Vertrauensvorschuss zu geben, so zähle doch Jesu Beispiel, der immer wieder um dieses Gottvertrauen werbe. Zum Vertrauen gehöre aber auch die Freiheit, hebt der Stadtdekan hervor: „Vertrauen verträgt Vernunft, Liebe schließt Kritik nicht aus.“ Den Skeptikern wie Nathanael müsse Gelegenheit gegeben werden, sich selbst ein Bild zu machen. Dann aber würden sie Gottes Blick auf die Menschen erkennen, der ihnen Vertrauen schenke. „So sollten auch wir im anderen bereitwillig das Gute sehen und ihn das auch merken lassen!“
Die Kollekte des Festgottesdienstes kommt zum einen dem Nachtcafé für Frauen in Not in Sachsenhausen zugute, das Frauen für eine Nacht Schutz bietet, damit anderntags mithilfe von Beratungsstellen Lösungen für die Zukunft gesucht werden können. Zum anderen wird ein Projekt der dörflichen Wasserversorgung im Partnerbistum Kumbo/Kamerun unterstützt, damit Menschen in den Dörfern der Bergregion Zugang zu sauberem Trinkwasser erhalten.
Bei strahlendem Sonnenschein und hochsommerlichen Temperaturen geht es anschließend rund um den Dom hoch her. Die Kamerun AG, die auf die explosive Situation in dem westafrikanischen Partnerland des Bistums Limburg aufmerksam macht und Solidaritätspostkarten schreiben lässt, die Handy-Sammelstelle, wo ausgediente Handys für die Aktion „Schutzengel“ des katholischen Hilfswerks missio zur Wiederverwertung gesammelt werden, die Eritreerinnen, die nach alter Tradition Kaffeebohnen rösten und den tiefschwarzen Kaffee in zierliche Tässchen gießen, oder die Apfelpresse, wo Äpfel von Frankfurter Streuobstwiesen frisch gepresst und mit fair gehandeltem Mangosaft einer Kooperative von den Philippinen versüßt werden, sind dicht umlagert. Bei der Gesellschaft Oikocredit informieren sich die Besucher über ethisch nachhaltige Geldanlagen mit fairer Rendite, andere wagen ein Tänzchen zur flotten Musik von den Hot Spots oder laben sich an den Ständen mit Essen und Trinken, Kaffee und Kuchen, Bier und Bratwurst. (dw)
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