Es ist fünf nach zwölf


Es ist fünf nach zwölf. Die Zeit drängt und es besteht akuter Handlungsbedarf. Dieses Fazit zieht die Limburger Diözesanversammlung mit Blick auf die Themen „Klimagerechtigkeit und Schöpfungsverantwortung“. Die gewählte Vertretung der Katholikinnen und Katholiken im Bistum Limburg befasste sich auf ihrer Herbstsitzung am Samstag, 12. November, in Limburg intensiv mit Fragen des Klimawandels, der Energiekrise und dem Engagement des Bistums für die Bewahrung der Schöpfung.
Kirche muss Treiber für Klimaschutz sein

„Die Zeit der Absichtserklärungen ist vorbei. Wir müssen handeln. Wir sind zu zögerlich und zu zurückhaltend. Es besteht großer Handlungsdruck“, machte Oswald Bellinger, Mitglied im Diözesansynodalrat und der AG Schöpfungsverantwortung im Bistum Limburg, deutlich und belegte dies mit Ergebnissen wissenschaftlicher Studien sowie aktuellen Statistiken. So seien beispielsweise die vergangenen sechs Jahre, die wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gewesen. Wetterextreme seien für jede und jeden erlebbar. Der Klimawandel habe Auswirkungen auf alle Lebensbereiche. „Schon heute ist es so, dass Menschen aufgrund der Folgen des Klimawandels sterben. Weltweit ist die Lebenserwartung um 10 bis 15 Jahre gesunken. Ein Kind, das heute geboren wird, erlebt eine Welt, die vier Grad wärmer ist. Wasserknappheit, Dürre, Hunger und Armut seien ebenfalls Folgen der Erderwärmung“, so Bellinger. Die Erde habe Fieber und es drohe ein Multiorganversagen.
Jetzt gelte es zu handeln und sich den weltweiten Entwicklungen in den Weg zu stellen. So müsse sich dringend das Konsumverhalten der westlichen Welt ändern. Das Bewusstsein für Nächstenliebe, Generationenverantwortung und für die Bewahrung der Schöpfung müsse unbedingt gestärkt werden. „Als Christinnen und Christen müssen wir Treiberinnen und Treiber für Klimaschutzmaßnahmen in der Gesellschaft sein. Die Kirche muss investieren, sich energetisch unabhängig machen, ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden und sich als Bewahrer der Schöpfung in der Welt profilieren“, forderte Bellinger.
Strategie für mehr Schöpfungsgerechtigkeit

Diese Schöpfungsverantwortung sei im Bistum Limburg bereits seit langem erkannt worden, erklärte Barbara Reutelsterz. Sie hat im Bischöflichen Ordinariat die Stabsstelle Nachhaltigkeit und kulturelle Vielfalt beim Generalvikar inne. Im Jahr 2020 habe sie im Auftrag der Bistumsleitung zusammen mit einer AG eine Bestandsaufnahme der Maßnahmen zur Bewahrung der Schöpfung zusammengestellt. „Wir haben dadurch erfahren, dass es eine Fülle an guten, erfolgreichen Initiativen im Bistum gibt“, so Reutelsterz. Exemplarisch nannte sie die Aktionen der Abteilung Weltkirche oder den Aufbau eines bistumsweiten Umweltmanagements nach strengen europäischen Vorgaben. Woran es allerdings gefehlt habe, sei ein verbindlicher Handlungsauftrag und eine diözesane Schwerpunktsetzung gewesen. Daran sei dann intensiv gearbeitet worden. Im April 2022 sei ein Strategiepapier für mehr Schöpfungsgerechtigkeit im Bistum Limburg an die Bistumsleitung übergeben worden. Dieses Papier werde aktuell in den kurialen und synodalen Gremien der Diözese beraten und habe bereits erste Früchte getragen. „Das Papier benennt strategische, messbare Ziele und gibt Handlungsempfehlungen. Es macht deutlich, dass die Bewahrung der Schöpfung Verbindlichkeit und Ressourcen braucht und jede und jeden in der Diözese etwas angeht“, sagte Reutelsterz. Die Bedeutung des Themas werde künftig auch strukturell in der bischöflichen Verwaltung abgebildet und in den Bereich „Strategie und Steuerung“ angebunden.
„Wir haben das Thema Schöpfungsverantwortung mit allen Bistumsprozessen verbunden und es finde sich Leitlinien, Leitbildern und Grundsätzen“, so Barbara Reutelsterz. Im Bistum werde es zudem bald eine Klimaschutzbeauftragte oder einen Klimaschutzbeauftragten und eine dynamische Stelle „Schöpfungsverträgliche Pastoral“ geben. Es gebe eine neue Schöpfungswebweite (schoepfung.bistumlimburg.de) einen neuen Newsletter. Im Bereich des Bauens sei eine neue Richtlinie zum ressourcenschonenden Bauen entwickelt worden, die zum 1. Januar 2023 in Kraft trete. Zudem gebe es ein Energiecontrolling und Checklisten für Energieeinsparungen. „Die Herausforderungen sind groß. Ein Wandel ist aber möglich. Wir müssen realistisch auf das schauen, was wir leisten können. Unsere Strategie soll wirksam werden. Wir sind gefragt als Kirche in Wort und Tat“, so Reutelsterz.
Austausch und Diskussionen in vier Workshops
Neben der Auseinandersetzung mit den Themen durch die Situationsanalyse und den Blick auf die Strategie des Bistums nutzte die Diözesanversammlung die Möglichkeit zum Austausch und zur Diskussion in vier Workshops. Darin ging es um klimagerechtes Bauen und die aktuelle Energiesituation, um die sozialen Auswirkungen der Klima- und Energiekrise, um die Möglichkeiten von Klimaschutz in den Pfarreien und um Konsum und Ressourcenverbrauch. Die Teilnehmenden entwickelten gemeinsam Ideen und blickten auf konkrete Projekte und Herausforderungen.
Bewahrung der Schöpfung hat große ökumenische Perspektiven

Die Diözesanversammlung erfuhr, dass das Thema Bewahrung der Schöpfung auch in der Evangelischen Kirche ein zentrales Thema ist. Zum ersten Mal nahm Birgit Pfeiffer, die neue Präses der Kirchensynode der EKHN (Evangelische Kirche in Hessen und Nassau) an der Sitzung teil. „Wir dürfen als Kirchen nicht nur Appelle formulieren, sondern müssen selbst was tun. Ich sehe große ökumenische Perspektiven. Lassen Sie es uns gemeinsam anpacken“, sagte Pfeiffer in ihrem Grußwort an die Diözesanversammlung und stieß damit bei den Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern auf offene Ohren.
„Gemeinsam können wir viel erreichen“, betonte auch Gerhard Glas, der Präsident der Diözesanversammlung. Er ist seit sechs Monaten im Amt und baut auf das gute ökumenische Miteinander zwischen Diözesanversammlung im Bistum und Kirchensynode in der EKHN auf. Im seinem Bericht gab es einen Einblick in sein Wirken in verschiedenen Prozessen des Bistums und in die Arbeit des Präsidiums. Glas dankte Andreas Gref aus Wiesbaden für sein Engagement als Vizepräsident der Diözesanversammlung, das er aus persönlichen Gründen beendet hat. Mit Blick darauf, standen für die Diözesanversammlung wichtige Nachwahlen an.
Daniela Erdmann ist neue Vizepräsidentin

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Daniela Erdmann aus Dillenburg ist von der Versammlung zur neuen Vizepräsidentin gewählt worden. Mirjam Rex aus Gmünden wurde ins Präsidium gewählt und Maria Feldes aus Frankfurt ist neues Mitglied in der Diözesanversammlung.
Weitere Themen der Herbstsitzung der Diözesanversammlung waren das Transformationsprogramm im Bistum Limburg (weitere Informationen unter www.trafo.bistumlimburg.de) und der Synodale Weg in Deutschland.