Zopflos statt kopflos - Frauen demonstrieren für gleiche Rechte
Es knirschte, als Marianne Brandt die strohigen Zöpfe abschnitt. War es die verrostete Schere oder das zähe Material? „Beides“, sagte Brandt, Vorsitzende der Stadtversammlung der Frankfurter Katholikinnen und Katholiken. „Aber das passt – denn die alten Zöpfe, um die es beim Synodalen Weg geht, lassen sich ebenfalls nur schwer durchtrennen.“
Am Donnerstag Nachmittag hat im Congress Center Frankfurt die zweite Vollversammlung des Synodalen Weges begonnen. Und natürlich haben auch Gruppen wie die Frauenbewegung Maria 2.0 die Gelegenheit genutzt, um die zahlreich angereisten Bischöfen auf ihre Forderung „Gleiche Rechte, gleiche Würde“ aufmerksam zu machen. Der Synodale Weg ist ein im März 2019 beschlossenes Gesprächsformat katholischer Bischöfe und Laien, um nach den großen Missbrauchsskandalen in der katholischen Kirche einen Weg der Umkehr und Erneuerung zu beschreiten. Themen sind Macht und Gewaltenteilung, Sexualität und Partnerschaft, priesterliche Existenz und die Rolle von Frauen in der Kirche.
Zöpfe als Mahnung – und Auszeichnung
Um ihre Forderung zu unterstreichen, hatten die Frauen an eine überdimensionale Bischofs-Mitra selbstgeflochtene Bast-Zöpfe zum Abschneiden geknüpft, kurze Zöpfchen „to go“ bekamen die Mitglieder der Synodalversammlung als Präsent überreicht. „Damit Sie daran denken, auch wirklich mutig zu sein“, gab Monika Humpert, Sprecherin von Maria 2.0 Frankfurt, den Ankommenden mit auf den Weg. Limburgs Bischof Georg Bätzing, der zudem Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist, nahm seinen Zopf mit Humor entgegen und dankte den Frauen für ihre Begleitung. Auch Frankfurts Stadtdekan Johannes zu Eltz bekam einen Zopf, einen besonders Großen sogar. Der war von Monika Humpert allerdings mehr als Auszeichnung denn als Mahnung gemeint: „Den hat er bekommen, weil er Mumm hat und anspricht, was schief läuft.“
Antonia Papenfuß war mit Schild und bunter Marien-Handtasche vors Congress Center gekommen. Die 21-jährige Katholikin sagte: „Ich bin hier, weil wir Jungen die ältere Generation nicht alleine hier stehen lassen dürfen. Wir müssen unsere Förderungen laut und deutlich sagen.“ Allerdings macht die junge Frau sich keine Illusionen, dass Veränderungen beim Thema Frauenweihe zügig kommen könnten. Deshalb hat sie sich entschieden, nach einem Ausflug in die anglikanische Kirche evangelische Theologie zu studieren. „Ich will mir einfach nicht die Tür vor der Nase verschließen lassen“, so die Katholikin. Maria Broschart, die beim Protest neben Antonia stand, teilte die Einschätzung, dass nicht mit schnellen Erfolgen zu rechnen ist: „Aber genau deshalb muss kämpfen.“
Zwischen den weiß gekleideten Aktivistinnen fiel Wolfgang Keber auf, der, mit Ansteckbutton und Plakat ausgerüstet, die Frauen unterstützte. „Ich bin ein Josef“, erklärte er. „Denn in einer männerdominierten Kirche wird es nichts helfen, wenn die Männer nicht genauso für die Gleichberechtigung aufstehen.“
Kirche muss sicherer Ort sein
„Maria, Pride deinen Mantel aus“ und „Faith Spaces are Safe Spaces“ stand auf ihren Schildern: Vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) Speyer waren Katrin Maino, Louisa Wolf und Thomas Heitz nach Frankfurt gekommen. „Wir machen uns für Diversität in der Kirche stark“, betonten die Drei und zeigten ihre Regenbogenfahnen. Außerdem positionierten sie sich zum Thema Missbrauch: „Unsere katholische Kirche muss auch ein Schutzraum sein“, sagte Katrin Maino.
Zum Abschluss der Synodalversammlung lädt die Initiative Maria 2.0 am Samstag, 2. Oktober, von 11 bis 12.05 Uhr zu einem Gottesdienst in den Kaiserdom St. Bartholomäus ein. Um „fünf nach zwölf“ endet die Feier zum Zeichen, dass es für die katholische Kirche keine Zeit mehr zu verlieren gilt, wenn sie sich wahrhaft erneuern und Strukturen, die etwa zum sexuellen Missbrauch, aber auch zur Missachtung von Frauen als gleichberechtigten Mitgliedern der Kirche geführt haben, endgültig zerstören will.