21.12.2015
Widerstand aus christlichem Glauben
FRANKFURT.- Eine späte Ehrung haben die Frankfurter Brüder Bernhard und Ludwig Becker am Montag, 21. Dezember, erfahren. Für die beiden Katholiken aus der Pfarrei St. Bernhard im Nordend, die aus ihrem Glauben heraus dem Nazi-Regime Widerstand geleistet haben, wurde eine Gedenkplakette im Frankfurter Gerichtsviertel am Gefängnis Klapperfeld enthüllt. Der katholische Stadtdekan Johannes zu Eltz segnete die Tafel und würdigte die Zwillingsbrüder für ihren Mut in dunkler Zeit.
Zu verdanken ist die späte Erinnerung an Bernhard und Ludwig Becker dem Frankfurter Stadtteilhistoriker Götz Wörner. Seit einigen Jahren schon sammelt er Material zu Leben und Sterben der Zwillingsbrüder. Bernhard und Ludwig Becker wuchsen bei ihren Großeltern im Nordend auf. Bernhard leitete in der katholischen Gemeinde St. Bernhard die katholische Jugendarbeit. Seine Gruppe geriet immer mehr in Widerstand zur um sich greifenden Nazi-Ideologie. Im November 1937 wurden Bernhard und zehn seiner Kameraden von der Gestapo verhaftet und ins Gerichtsgefängnis gebracht. Trotz eines Freispruches wurde Becker wieder eingesperrt, misshandelt und gedemütigt. Wohl im Glauben, seine Freunde retten zu können, nahm er sich im Dezember 1937 in seiner Zelle das Leben. Am 21. Dezember 1937 wurde er von Pfarrer Alois Eggert aus der Pfarrei St. Bernhard auf dem Frankfurter Hauptfriedhof beigesetzt.
Stadtteilhistoriker auf den Spuren der Becker-Brüder
Götz Wörner, Initiator des Kulturpasses für mittellose Frankfurter, wurde bei einer geschichtlichen Führung durch Frankfurt auf das Schicksal Beckers aufmerksam. Dessen Werdegang habe ihn so sehr berührt, erzählt er, dass er sich intensiver damit auseinander gesetzt habe: „Ich habe Material im Stadtarchiv gesammelt und Zeitzeugen befragt. Nach und nach haben sich die Lebensdaten Bernhard Beckers wie ein Mosaik zusammengesetzt.“ Das hat in ihm den Wunsch geweckt, ein öffentliches Gedenken für die Brüder zu ermöglichen. Auf der Facebook-Seite <link https: www.facebook.com bernhardundludwigbecker>www.facebook.com/BernhardundLudwigBecker/ dokumentiert er seine Recherchen.
Über das Schicksal des Zwillingsbruders Ludwig ist wenig bekannt. Er arbeitete als freier Künstler, gestaltete Kirchenfenster in Frankfurt und Umgebung und schuf zahlreiche Graffiti an Kirchen und öffentlichen Gebäuden. Nach dem Ende des Nationalsozialismus erhielt er ein Lehramt an der Krefelder Fachschule für künstlerische Web- und Druckgestaltung, kehrte allerdings später nach Frankfurt zurück. Über den Tod seines Zwillingsbruders kam er nicht hinweg, verfiel mehr und mehr in Depression und nahm sich 1971 das Leben. (dw)
Das Projekt „Stadtteilhistoriker“ leistet einen Beitrag zur Aufarbeitung der Stadtgeschichte und zeugt von der Identifikation Frankfurter Bürger mit ihrem Wohnort. Frankfurter Bürger erforschen ehrenamtlich die Frankfurter Stadt- und Stadtteilgeschichte.