So geht katholisch künftig
Wie verstehen wir uns als Region? Wozu und für wen sind wir gemeinsam Stadtkirche im Bistum? Um Fragen wie diese ging es beim Initialworkshop der neuen Region Frankfurt Anfang Mai. Mitglieder des Stadtsynodalrats, die Pfarrgemeinderatsvorsitzenden sowie Pfarrer, pastorale Mitarbeiter:innen, Vertreter:innen aus Verbänden und den katholischen Einrichtungen der Stadtkirche kamen in einer Event-Location im Frankfurter Ostend zusammen, um einen Tag lang zu diskutieren, zu planen und so eine Grundlage für die nächsten Prozess-Schritte zum Aufbau der Region zu legen.
Unter der Leitung der Coaches Katharina Lobeck und Adrian Brüll erlebten die 50 Anwesenden einen Tag, dem nach Jahren der theoretischen Planungen nun der Sprung ins Konkrete gelang. Ein wunderbarer Einstieg war eine eigens für diesen Tag zusammengestellte Ausstellung: Das Planungsteam hatte im Vorfeld elf bekannte Menschen aus der Frankfurter Stadtgesellschaft um ihre Einschätzung zur Frage „Wozu braucht es aus Ihrer Sicht auch weiterhin eine katholische Kirche in Frankfurt?“ gebeten. Die – in weiten Teilen positiven - Antworten von Prominenten wie dem neuen Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) erinnerten die Eingeladenen daran, warum es sich lohnt, sich an einem freien Samstag mit dem Zukunft der Katholischen Kirche in Frankfurt zu beschäftigten. „Das zu lesen hat mich berührt und motiviert“, sagte eine Teilnehmerin beim Rundgang durch die Beiträge, die auf Postern an Stellwänden präsentiert wurden.
In der Stadtgesellschaft traut man uns noch etwas zu - manchmal mehr als wir uns selbst!
Fazit zur Statement-Ausstellung
Nach dem beschwingten Start ging es daran, selbst Antworten auf Fragen zu finden, zum Beispiel auf die wichtigste von allen: Wozu sind wir Kirche in Frankfurt und für wen? Für Schmunzeln sorgte die schön bildliche Antwort „Um das Evangelium auf Frankfordderisch zu übersetzen“, doch da enden die Aufgaben der Katholischen Kirche in der Stadt natürlich nicht. Gemeinschaft ermöglichen, Not lindern, Menschen beheimaten, Gott spürbar machen, Vielfalt leben und erleben, die interreligiöse Zusammenarbeit fördern, christliche und spirituelle Schätze anbieten, Dienstleister und hörendes Herz sein, Tauchsieder für die Erwärmung der Gesellschaft, Anwalt und Haltungsanbieter – die Vorstellungen und Ansprüche an die eigene Arbeit sind vielfältig. Bei der Frage, für wen die Kirche das tue, kristallisierten sich schnell bestimmte Gruppen heraus: Für die Menschen in Frankfurt, für Menschen in der Mitte und am Rand der Gesellschaft, für alle, die gerade in einer Krise stecken, für die, die neu in die Stadt kommen, egal ob als Zugezogene, Arbeitsmigranten oder Geflüchtete, aber auch für Schülerinnen und Schüler durch den Religionsunterricht.
Kirche darf Potenzial noch mehr zeigen
Den meisten Platz nahmen auf vielen der insgesamt acht Stellwänden die Antworten auf die Frage „Wodurch und wie wir das Wozu schon heute erlebbar?“ ein. Das machte deutlich: Es gibt überall in der Stadt erfolgreiche katholische Einrichtungen und Projekte, an allen Ecken und Enden Frankfurts wird konkrete Hilfe durch die Caritas erlebbar oder begegnen Menschen auf der Suche nach einer Ansprechperson in den neun Pfarreien Mitarbeiter:innen und ehrenamtlich Engagierten, die einfach da sind und zuhören. Entsprechend lautete dann auch eins der Fazits: „Katholische Kirche hat viel Potenzial in Frankfurt - sie darf es noch mehr zeigen“ – zum Beispiel durch ein bisschen mehr Selbstbewusstsein, wie es eine Gruppe mit Blick auf die eingangs gezeigte Zitate-Ausstellung formulierte: „In der Stadtgesellschaft traut man uns noch etwas zu - manchmal mehr als wir uns selbst!"
Am Ende stand die Aufgabe, ein Selbstverständnis zu entwickeln. Dafür hatten die Coaches einen mobilen Ansatz gewählt: Durch Austausch und Abstimmung im Gehen durch den Raum berieten die Anwesenden verschiedene Vorschläge. Ein Entwurf konnte besonders viel Zustimmung auf sich vereinen: „In der pluralen Stadtgesellschaft in vielfältiger Weise, in vielen Formen, Sprachen, Institutionen und Einrichtungen als katholische Kirche erfahrbar sein, um Gott, sein Wirken und seine Verheißung für die Stadt erfahrbar zu machen.“ Aufbauend auf diesem Vorschlag wird nun weitergearbeitet.
Dass es im Zuge der Transformation von der Stadtkirche zur Region Frankfurt intern noch einiges zu tun gibt, wurde bei der Schlussfrage danach, was im Prozess noch betrachtet und beachtet werden müsse, deutlich. Transparentere Kommunikation, eine bessere Feedbackkultur, mehr Partizipation, Interkulturalität und demokratische Struktur, Mut zur Exnovation und Raum für Experimente, das waren die Wünsche der Anwesenden.
Eindrucksvoll sichtbar geworden
Stadtdekan Johannes zu Eltz, seine Doppelspitzen-Kollegin Pia Arnold-Rammé und Marianne Brandt, die Vorsitzende der Stadtversammlung der Frankfurter Katholikinnen und Katholiken, zeigten sich nach dem Initialworkshop zufrieden. „Damit in Frankfurt Kirchenentwicklung im Fluss bleibt, brauchen wir Gutes aus verschiedenen Quellen“, sagte der Stadtdekan. Die Vielfalt der Begabungen und Verantwortlichkeiten seien beim Initialworkshop eindrucksvoll sichtbar geworden, die gute Vorbereitung und die Lokation hätten für ein produktives und angenehmes Klima gesorgt. „Ich bin sehr zufrieden mit der Veranstaltung und sehe entspannt in die Zukunft unserer Entwicklung zur Region.“
Pia Arnold-Rammé berichtete, ein PGR-Vorsitzender habe nach dem Workshop zu ihr gesagt: „Hier mal die ganze Fülle der Stadtkirche zu erleben, das war für mich sehr beeindruckend.“ Genau das habe auch sie prima gefunden: „Die Vielfalt der Stadtkirche ist groß, das Potential auch. Und trotz dieser Vielfalt wurde am Ende des Tages deutlich, dass es eine gemeinsame inhaltliche Ausrichtung gibt. Zwei wichtige Stichworte dazu: Interkulturalität und soziales Engagement.“
„Insgesamt ist eine gute Basis für die weitere Arbeit entstanden“, sagte Marianne Brandt, die sich besonders beeindruckt von den Statements der Menschen aus der Stadtgesellschaft zeigte. Beim „Wozu“ sei man nahe beieinander gewesen, auch beim formulierten Selbstverständnis. Dies könne als Arbeitsgrundlage für den weiteren Prozess dienen. „Auf uns wartet viel Arbeit in kurzer Zeit. Mit dem Rückenwind des Initialworkshops werden wir es angehen!“
Der Initialworkshop war der Aufbruch in ein neues Kapitel des sogenannten Transformationsprozesses (Trafo), mit dem aktuell das Bistum Limburg neu strukturiert wird. Dadurch verändert sich auch die katholische Stadtkirche; bereits seit Januar läuft der Prozess, an dessen Ende zum 1. Mai 2024 eine neue Struktur eingeführt wird. Verantwortlich für den Aufbau der neuen Region ist die im Dezember 2022 vom Stadtsynodalrat (SSR) gewählte „vorläufige Regionenvertretung“, eine Doppelspitze aus Stadtdekan Johannes zu Eltz und Pastoralreferentin Pia Arnold-Rammé. Im Zuge des Transformationsprozesses werden unter anderem aus elf Bezirken fünf Regionen gebildet. Eine der fünf Regionen wird Frankfurt sein. Auch wenn sich am Zuschnitt des Gebietes nichts ändert, bekommt die Stadtkirche ein anderes Gesicht. Dies im Konkreten auszugestalten ist nun Aufgabe der neuen Region.