Schwule Katholiken bekennen Farbe
Nein, einfach sei es nicht gewesen, zehn Männer zu finden, die sich öffentlich dazu bekennen, schwule Katholiken zu sein. Das sagt Gregor Schorberger, Initiator einer digitalen Ausstellung des Projekts „schwul und katholisch in der Gemeinde Maria Hilf“.
Kein Wunder, denn sich mit Namen, Gesicht und sehr persönlichen Erfahrungen im Internet zu präsentieren, kann ein beängstigender Gedanke sein. „Eine andere sexuelle Orientierung zu haben, dem haftet auch heute noch vielfach ein Nimbus sündhaften Soseins und Daseins an“, bringt es Dr. Thomas Martau auf den Punkt. Martau ist einer von zehn, die in der Ausstellung auftreten, einer von zehn, die sich trauen. Er hat den Anfang gemacht, nun kommen bis Mitte Mai wöchentlich Berichte weiterer Mitglieder dazu. Neben schwulen Männern sind auch zwei (nicht-lesbische) Partoralreferentinnen dabei, die sich der Gruppe zugehörig fühlen.
Mut machen und einladen
Martau, Schorberger und ihren Mitstreitern geht es darum, mit der Ausstellung Schwulen und Lesben in der katholischen Kirche Mut zu machen und nach außen zu zeigen, dass auch in dieser Community Menschen gemeinschaftlich diakonisch arbeiten: „Wir sind eine Gemeinde, die mit offenen Türen alle einlädt.“ Seit 30 Jahren feiern die Mitglieder des Projekts „schwul und katholisch in der Gemeinde Maria Hilf“ regelmäßig Gottesdienst, aktuell immer am ersten Sonntag des Monats und stets mit einem Gastpriester. Auch Stadtdekan Johannes zu Eltz und der Limburger Bischof Georg Bätzing seien schon zu Gast gewesen, berichtet Schorberger, selbst Pastoralreferent im Ruhestand.
Hinter der Ausstellung mit dem Titel „Zeugnisse schwul-lesbischen Gemeindelebens“ steht der 2009 in Frankfurt gegründete Größenwahn Verlag. Dessen verlegerische Leiterin Sandra Thoms kam auf die Idee einer Ausstellung, als sie mit Schorberger über sein im Mai bei Größenwahn erscheinendes Buch „Gregorsbriefe – Ein schwuler Seelsorger im Dialog mit seinem Vater“ sprach. Schorberger ist selbst seit den Anfängen 1991 Teil des Projekts in Maria Hilf und auch aktiv in der Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) e.V., die auf Initiative von Thomas Pöschl vor einigen Jahren die Ausstellung „Verschaffe mir Recht“ über schwul-lesbische Katholiken in Afrika und Asien im Haus am Dom zeigte.
Pläne, die Ausstellung auf Wanderschaft zu schicken
Eigentlich sollten die zehn Statements als Poster beim Ökumenischen Kirchentag im Mai präsentiert werden, berichtet er. „Doch als dann klar war, dass der ÖKT vorwiegend digital stattfindet, mussten wir unsere Pläne ändern.“ Trotzdem soll es nicht bei der digitalen Ausstellung bleiben: Sobald die Pandemie-Situation es wieder zulässt, sollen die Poster auf Wanderschaft gehen und in verschiedenen Gemeinden gezeigt werden. „Am 5. September haben wir außerdem eine Feier anlässlich unseres 30-jährigen Bestehens, da würden wir die Bilder und Texte gerne in den Gemeinderäumen zeigen“, sagt Schorberger. Und dann natürlich auch Gäste dazu einladen.
Der ehemalige Pastoralreferent, seine Mitstreiter und Mitstreiterinnen wollen nun zunächst abwarten, wie die Ausstellung aufgenommen wird. Anschließend könne man überlegen, die Ausstellung auszuweiten und für weitere Beiträge zu öffnen. Schorberger hofft, dass auch andere der insgesamt elf katholischen schwul-lesbischen Gemeinden in Deutschland sich von der Aktion inspiriert fühlen und etwas ähnliches auf die Beine stellen. Um sichtbar zu machen, wie vielfältig und bunt das Leben innerhalb der katholischen Kirche wirklich ist.