Regionalkonferenz: Frauen verlangen Gleichberechtigung
Auf ihren Schildern standen Slogans wie „Wenn ich groß bin, werde ich Päpstin!“ und „Schweigen war gestern, Schwestern“. Eine der Frauen trug ein Priestergewand, wieder andere verteilten Flugblätter und Flyer. Die Frauen der bundesweiten Initiative Maria 2.0 und des Katholischen Frauenbundes (KDFB), die am Freitag, 4. September, am Rande der Regionalkonferenz zum Synodalen Weg in Frankfurt mit verschiedenen Aktionen für gleiche Rechte in der katholischen Kirche demonstriert haben, waren auf jeden Fall ein Hingucker – wenn auch nicht jeder ihrer Meinung ist.
Bischof Dr. Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, ging vor Beginn der Gespräche im Dominikanerkloster auf die Frauen zu. „Ich danke Ihnen, dass Sie uns wieder begleiten“, begrüßte er die Aktivistinnen. Der Bischof würdigte den Protest als „eine starke Bewegung, die aus der Mitte der Kirche kommt“. Er kenne viele der Frauen auch abseits der Proteste als engagierte Gemeindemitglieder. „Es ist schön, dass sie einerseits ihre Forderungen formulieren, andererseits aber auch mit uns beten“, so Bätzing, der die Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche jüngst als „die entscheidende Zukunftsfrage" bezeichnet hatte (Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ von Juni 2020).
Ein an Rom adressierter Brief
Monika Humpert, Sprecherin von Maria 2.0 Frankfurt, überreichte dem Bischof einen von ihr verfassten und von der Initiative unterzeichneten Brief mit der Bitte um Weitergabe an Präfekt Beniamino Kardinal Stella in Rom, was der Bischof zusagte. In dem Brief, der am Freitagmittag in voller Länge auch auf der Webseite der „Zeit“ publiziert wurde, heißt es unter anderem: „Das Kirchenrecht steht nicht für den Geist des Evangeliums, sondern im Gegenteil es behindert und tötet ihn. Es dient der Ausübung von weltlicher Männerdominanz.“
„Nicht mehr nur dienstbare Geister“
Bei den Protestaktionen – neben dem Demonstrationszug hielten die Aktivistinnen auch eine bundesweite Mahnwache an den fünf Tagungsorten der Regionalkonferenzen ab und feierten einen Wortgottesdienst im Dom – war die Ungeduld der Katholikinnen deutlich zu spüren. Martina Stamm, Geschäftsführerin der Bewegung „Wir sind Kirche“, und Bundesteammitglied Susanne Ludowig begrüßten es, dass die Geschlechtergerechtigkeit es nach jahrelangem Kampf nun auf die Tagesordnung geschafft habe. „Wir sind nicht mehr nur dienstbare Geister, sondern Christinnen mit eigenen Vorstellungen und gutem Selbstwertgefühl. Und das schließt aus, dass wir weiter nur in einer Assistenzfunktion dabei sind“, betonten sie. Susanne Lodowig fand deutliche Worte: „Ich denke, es muss etwas passieren, wenn die Kirche nicht zur Sekte verkommen will. Und ich erwarte ein Ergebnis."
Antonia Maria Papenfuhs war mit 20 Jahren die wohl jüngste Teilnehmerin; ihr Protestschild zeigte eine kleine rosafarbene Päpstin, auf den Rücken ihrer Jeansjacke war mit Pailletten ein buntes Marienbild gestickt. „Viele meiner Freundinnen und Freunde finden es absurd, dass ich mich hier engagiere und überhaupt immer noch in der Gemeinde aktiv bin“, sagte die junge Christin aus Obertshausen.
Wir haben eine coole und sehr wichtige Botschaft. Und wir haben eine große Verantwortung kommenden Generationen von Katholikinnen gegenüber.
Antonia Maria Papenfuhs
Bundesweite Mahnwache
Zum Ende der Regionalkonferenz am späten Nachmittag versammelten sich die Frauen zu einer Mahnwache, die zeitgleich bundesweit stattfand. Mit Buchstaben bildeten sie den Schriftzug „Gleiche Rechte, gleiche Würde“. Das Medienecho an diesem Tag sei gut gewesen, freute sich Andrea Tichy am Abend: „Ich habe das Gefühl, dass unser Anliegen immer stärker wahrgenommen wird.“
Schwester Klarissa von den Dominikanerinnen von Bethanien sagte, sie hoffe schon lange und noch immer, dass sich die Kirche von Grund auf reformieren lasse, aber die Chancen stünden nicht gut. „Hier mit mir stehen vor allem ältere Frauen – viele junge Frauen haben diese Kirche längst verlassen.“ Auch Angelika Fromm aus Mainz, die seit über 50 Jahren für Gleichberechtigung in der katholischen Kirche streitet, ist mittlerweile recht ernüchtert. „Eine kleine Chance möchte ich dem Synodalen Weg aber noch geben“, sagt sie. Dass doch einige junge Frauen beim Protest dabei sind, gebe ihr Hoffnung.
Den Abschluss des Aktionstags bildete ein von Maria 2.0 und KDFB ausgerichteter Wortgottesdienst mit musikalischer Begleitung im Dom, in dem vor allem das Magnificat, der Lobgesang Marias, im Mittelpunkt stand. Auch einige interessierte Männer kamen an diesem Abend dazu und waren ausdrücklich willkommen.
Frauenrolle ist ein Schwerpunkt
Die Rolle von Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche ist einer der Schwerpunkte der Beratungen zum Synodalen Weg. Weitere Themenschwerpunkte sind „Corona und der Synodale Weg“ sowie „Priesterliche Existenz heute“ und „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“. Leitthema der fünf Regionenkonferenzen des Synodalen Weges, die am Freitag ganztägig in Berlin, Dortmund, Frankfurt am Main, Ludwigshafen und München stattfanden, war „Fünf Orte – ein Weg“. Aufgrund der Corona-Pandemie musste die für Anfang September 2020 geplante zweite Synodalversammlung auf das nächste Jahr verschoben werden.
Maria 2.0: Zum Hintergrund
Die Initiative wurde im Januar 2019 von fünf Frauen aus der Gemeinde Heilig Kreuz in Münster gegründet und rief im vergangenen Mai Frauen bundesweit zu Kirchenstreiks auf, um eine Gleichberechtigung von Frauen in der katholischen Kirche durchzusetzen.