Orientierungstext des Präsidiums
Orientierungstext des Präsidiums (beschlossene Fassung, 03.02.2022)
Der Aufschrei der Opfer sexualisierter Gewalt drängt die Kirche als Ganze zur Umkehr.
Der Orientierungstext des Synodalpräsidiums befasst sich vor allem mit den theologischen Grundlagen des Synodalen Wegs und der Frage, wie die Gläubigen den Willen Gottes für die heutige Zeit und die Kirche der Gegenwart erkennen können.
Dabei wird klar benannt, dass der Synodale Weg in einer tiefen Krise der Kirche startet: Er muss deshalb besonders auf die Stimmen derer hören, die von Machtmissbrauch und sexualisierter Gewalt betroffen sind. Und er muss zur Kenntnis nehmen, dass zahlreiche kirchliche Lehren von einem großen Teil des Volkes Gottes trotz vieler Erläuterungen und Erklärungen nicht mehr akzeptiert werden. Denn Menschen, die auf der Basis ihres Gewissens anders leben und anders glauben als es den Normen der Kirche entspricht, dürfen nicht zurückgesetzt, diskriminiert und ausgegrenzt werden.
Aber auch die Kirche selbst braucht Impulse, um die Frohe Botschaft neu zu entdecken. Sie braucht neue Kräfte und Bündnisse, die ihr helfen, praktische Konsequenzen aus dieser Krise zu ziehen. Sie kann sich dabei zum einen auf die Bibel stützen. Denn gerade die Heilige Schrift ermöglicht die Erneuerung im Glauben, die Kritik an Missständen, die Ermutigung zur Freiheit, die Hoffnung auf Erlösung, die Einladung zur Liebe und die Suche nach Gerechtigkeit.
Sie muss zugleich aber auch neue Einsichten aus den Natur-, den Human- und den Gesellschaftswissenschaften berücksichtigen sowie die Expertise jener, die eine besondere Nähe zur Alltagswelt der Menschen haben. In diesem Zusammenhang sind die „Zeichen der Zeit“ ein wesentliches Element für das Erkennen des Willens Gottes. Sie stehen für Momente, in denen sich etwas Bedeutsames zeigt und zur Entscheidung zwingt. Ein aktuelles Beispiel ist Geschlechtergerechtigkeit.
Schließlich wird der „Glaubenssinn des Volkes Gottes“ hervorgehoben. In dem, was von den Getauften und Gefirmten gemeinsam geglaubt wird, kann zusammen mit der Bibel, der kirchlichen Tradition, dem Lehramt, der wissenschaftlichen Theologie und den Zeichen der Zeit der Wille Gottes erkannt werden.
Der Orientierungstext erreichte eine Zustimmung von 86,4 Prozent bei allen Delegierten und von 71,9 Prozent bei den Bischöfen.