Ökumenische Stellungnahme
Besorgt zeigen sich das Evangelische Stadtdekanat Frankfurt und Offenbach und die Katholische Stadtkirche Frankfurt über die Debattenkultur zur Bundestagswahl am 23. Februar 2025. In einer gemeinsamen Erklärung vom 6. Februar 2025 mit dem Titel „Was auf dem Spiel steht“ heißt es: „Man hat zuweilen den Eindruck, als ginge es nicht mehr darum, sich miteinander auszutauschen und gegenseitig vom besten Argument zu überzeugen, sondern nur noch darum, einander niederzubrüllen und verächtlich zu machen.“ Menschen, die politische Verantwortung tragen, würden beschimpft, beleidigt und sogar bedroht. „Diese Entwicklung geht einher mit dem Vertrauensverlust in die Demokratie und die politischen Parteien. Stattdessen erstarken populistische Positionen, die einigen Gruppen die Menschenrechte absprechen. In der aufgeheizten Stimmung lassen sich politisch Verantwortliche zu vereinfachten und unsachgemäßen Zuspitzungen hinreißen.“ Beide Kirchen rufen daher dazu auf, „zu einer respektvollen Debatte zurückzukehren“ und „jenen Vertrauen zu schenken, die sich an den Menschenrechten orientieren, und im politischen Wettstreit Sachlichkeit, Faktenbasiertheit, Fairness und Respekt vor den Mitbewerber*innen walten lassen: damit das Gemeinwohl und der soziale Friede bei und nach der Wahl nicht unter die Räder kommen“, heißt es in der Erklärung weiter.
Die Erklärung im Wortlaut:
Erklärung des Evangelischen Stadtdekanats Frankfurt und Offenbach und der Katholischen Stadtkirche Frankfurt zur Bundestagswahl am 23. Februar 2025
Was auf dem Spiel steht
Unser Land ist in Aufregung. Schon länger steht die Debattenkultur unter Druck. Der Meinungsaustausch in den Medien, insbesondere auf den Social-Media-Kanälen, erfolgt hoch emotionalisiert. Man hat zuweilen den Eindruck, als ginge es nicht mehr darum, sich miteinander auszutauschen und gegenseitig vom besten Argument zu überzeugen, sondern nur noch darum, einander niederzubrüllen und verächtlich zu machen. Das trifft vor allem Menschen, die politische Verantwortung im Land übernommen haben. Sie werden beschimpft, beleidigt und sogar bedroht, sodass immer mehr von ihnen sich aus ihren Ämtern zurückziehen. Diese Entwicklung geht einher mit dem Vertrauensverlust in die Demokratie und die politischen Parteien. Stattdessen erstarken populistische Positionen, die einigen Gruppen die Menschenrechte absprechen. In der aufgeheizten Stimmung lassen sich politisch Verantwortliche zu vereinfachten und unsachgemäßen Zuspitzungen hinreißen.
Zu all dem werden Menschen in unserem Land durch schreckliche Attentate erschüttert. Die Frage nach dem Warum wird von manchen mit einfachen Erklärungen beantwortet, die die Schuld pauschal Geflüchteten, Muslim*innen oder politischen Verantwortungsträger*innen zuschieben. Darüber hinaus werden bestimmte Gruppen, wie z.B. Bürgergeldempfänger*innen auf Kosten ihrer sozialen Rechte zu Schuldigen an Haushaltsproblemen abgestempelt.
Wir sehen diese Entwicklung mit großer Sorge. Sie setzt unsere Demokratie unter Druck, sodass der konstruktive Gestaltungswille gefährdet ist. Wir sehen uns daher dazu aufgerufen, zur Abkühlung und Nüchternheit dieser hochemotionalen öffentlichen Debatte beizutragen. Gerade jetzt anlässlich der bevorstehenden Bundestagswahlen.
Dabei nehmen wir wahr, dass viele Menschen in unserem Land mit Ängsten in die Zukunft blicken. Armut, sozialer Abstieg, die unkalkulierbaren Folgen des Klimawandels, die Kriege in der Welt, deren Folgen auch die Auseinandersetzungen in unserem Land bestimmen – all das löst Ohnmachtsgefühle und Wut aus. Diese Menschen haben den Eindruck, dass sie und ihre Bedürfnisse bei der demokratischen Entscheidungsfindung keine Rolle mehr spielen. Gerade deswegen erinnern wir daran, dass die Demokratie Garant dafür ist, dass jede und jeder sich in die gesellschaftliche Debatte einbringen kann und darf. Sie steht für die gleichen Rechte aller. Nur in der Demokratie können wir für unsere Überzeugungen mit anderen konstruktiv streiten, ohne negative Folgen staatlichen Handelns befürchten zu müssen.
Das alles funktioniert jedoch nur, wenn wir die Grundregeln unserer Demokratie beachten und auf dem Boden des Grundgesetzes bleiben, das die Achtung der Unantastbarkeit der Menschenwürde und die Unveräußerlichkeit der Menschenrechte als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft sichert. Dazu gehören insbesondere das Asylrecht und das Recht auf die Sicherung des wirtschaftlichen Existenz-minimums.
Deshalb rufen wir dazu auf, beim politischen und gesellschaftlichen Diskurs zu einer respektvollen Debatte zurückzukehren. Wir treten für eine Gesellschaft ein, die kulturelle Vielfalt als Schatz begreift. Wir treten dafür ein, bei der politischen Entscheidungsfindung jenen Vertrauen zu schenken, die sich an den Menschenrechten orientieren, und im politischen Wettstreit Sachlichkeit, Faktenbasiertheit, Fairness und Respekt vor den Mitbewerber*innen walten lassen: damit das Gemeinwohl und der soziale Friede bei und nach der Wahl nicht unter die Räder kommen.
Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. (2. Timotheusbrief 1,7)