FRANKFURT, 13.10.2020
Mit Gottes Hilfe an den Main
Als Wojciech Kaszczyc erfuhr, dass seine erste Priesterstelle nach dem Pfarrexamen in der Pfarrei St. Josef in Frankfurt sein wird, habe er sofort ein Lächeln auf dem Gesicht gehabt, erzählt er. Er lebt und arbeitet gerne in einer größeren Stadt. „Ich mag keinen Stress und keine Hektik, aber etwas Trubel tut mir gut“, stellt der 35-Jährige fest, der als Kaplan zuvor in Flörsheim am Main und im Hohen Westerwald tätig war. Den Trubel kennt er aus seiner Heimat. Er stammt aus Siedlce, einer Stadt mit rund 100.000 Einwohnern im Osten von Polen.
Dass er einmal Pfarrer in Deutschland werden würde, hätte er als junger Mann nie gedacht. Er hatte nicht einmal geplant, in den Dienst der Kirche einzutreten, auch wenn er als Messdiener und in der polnischen Jugendbewegung Licht-Leben aktiv war. „Ich wollte eigentlich Mathematik studieren, eine Familie gründen.“ Etwa ein Jahr vor dem Abitur aber spürte Wojciech Kaszczyc, dass er einen anderen Weg einschlagen sollte. „Ich hatte so eine Unruhe in mir und wusste, irgendwas will Gott von mir.“ Er meditierte viel, las in der heiligen Schrift, absolvierte Exerzitien. „Wer sucht, der findet, dafür bin ich das beste Beispiel“, sagt er. Irgendwann wurde ihm klar, dass es nicht die Mathematik sein würde, die seinen Lebensweg bestimmt. Er trat nach dem Abitur ins Prieserseminar ein, mit dem Ziel, in seinem Bistum Priester zu werden.
Wer Mutter und Vater verlässt
Doch auch diesmal hatte Gott andere Pläne mit ihm. „Es war im fünften Semester, Fundamentaltheologie“, erinnert er sich noch genau. An einem Tag besuchte der damalige Limburger Diözesanadministrator Günther Geis die Studenten und machte ihnen das Angebot, ins Deutsche Bistum zu kommen und an der Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt weiterzustudieren. „Ich habe mir gesagt, wenn ich das mache, dann nicht alleine.“ Ein Freund aus der Jugendbewegung, den er fragte, ob er mitgehe, zögerte aber. Also meditierte Wojciech Kaszczyc erneut und es war wieder die heilige Schrift, die den Ausschlag gab: „Wir waren gemeinsam in einer großen Messe im Dom und plötzlich hörten wir das Evangelium, in dem Jesus sinngemäß sagt, wer Mutter und Vater verlässt, wird das ewige Leben haben. Damit war klar, dass wir gehen.“
Die natürliche Konsequenz
Fast ein Jahr lang lernte Wojciech Kaszczyc zunächst die deutsche Sprache, dann beendete er im Juli 2012 schließlich sein Studium an der Hochschule Sankt Georgen in Oberrad. Die Entscheidung, auch nach der Ausbildung in Deutschland zu bleiben, fiel ihm leicht. „Ich habe gedacht, wenn Gott mich hier haben will, dann nicht nur zum Studieren. Das war die natürliche Konsequenz.“ Nur zur Priesterweihe am 14. Juni 2014 kehrte er nach Siedlce zurück.
In St. Josef hat Wojciech Kaszczyc als neuer Kooperator schon die ersten Gottesdienste gehalten. Zudem ist er Mitglied des Verbindungsteams für den Riederwald und Fechenheim. Welche Schwerpunkte er darüber hinaus übernimmt, werde sich noch entscheiden, sagt er. Besonders am Herzen liegt ihm die Familienpastoral, über die er auch sein Pfarrexamen abgelegt hat: „Ich habe gemerkt, Jugendarbeit fängt zuhause an, das geht nur, wenn die Eltern mitmachen.“
Noch nicht das richtige Rezept gefunden
Gerade durch den Zusammenschluss vieler Gemeinden sei das eine neue Herausforderung, „für die ich aber auch noch nicht das richtige Rezept gefunden habe“. Erfahrungen bringt er aus der Jugendbewegung Licht-Leben mit, in deren deutschem Ableger er sich nach wie vor ehrenamtlich engagiert. „Ich betreue dort einen Familienkreis mit Mitgliedern, die von Düsseldorf bis Freiburg im Land verteilt sind. Wir treffen uns immer woanders.“
Reisen ist auch privat für ihn eine Möglichkeit, Abzuschalten und Kraft zu schöpfen. Er findet sie aber auch nach wie vor im Gottesdienst und beim Studieren der Heiligen Schrift. „Sie ist eine Kraftquelle für mich, die immer noch voller Überraschungen ist.“ Sein Freund, mit dem er 2007 nach Deutschland gekommen war, ist mittlerweile zurück in der Heimat und will zur Mission nach Kuba. Wojciech Kaszczyc denkt erstmal nicht an die fernere Zukunft. Er hat gelernt, dass es sich ohnehin nicht lohnt, zu planen. (Sabine Börchers)