MACHT - Eine veränderte Haltung der katholischen Kirche
Grundtext Macht (beschlossene Fassung, 03.02.2022)
Die systemischen Voraussetzungen für Missbrauch in der Kirche müssen aufgelöst werden! Dabei stützen sich notwendige Veränderungen sowohl auf die Heilige Schrift und die kirchliche Tradition als auch auf die „Zeichen der Zeit“, in der die Menschen heute ihren Glauben leben. Zeichen der Zeit ist ein theologischer Begriff, den bereits das letzte Konzil verwendet. Er meint drängende Themen, die zu bestimmten Zeiten und Orten aufkommen und denen man nicht ausweichen kann.
Der Grundtext des Forums „Macht und Gewaltenteilung“ formuliert noch keine konkreten Veränderungen, dokumentiert aber eine veränderte Haltung der Kirche. Er stellt die Weichen dafür, Missbrauch und Vertuschung effektiv zu verhindern, indem Strukturen verändert werden. Wichtig sind Gewaltenteilung, Machtkontrolle, transparenter Zugang zu Leitungsämtern, Qualitätsmanagement.
Dies geschieht
- im klaren Bekenntnis, dass die Kirche auf die Stimme der Opfer von Machtmissbrauch hören muss, weil in ihnen die Stimme Christi erklingt.
- in der Feststellung, dass Macht in der Kirche nur als Dienst übertragen und deshalb geteilt, begrenzt und kontrolliert werden muss.
- in der deutlichen Aussage, dass die Übertragung von Ämtern in der Kirche – inklusive der Weiheämter! – ausschließlich aufgrund von Charisma und Befähigung, nicht aber gebunden an Geschlecht oder eine bestimmte Lebensführung geschehen kann.
Im Grundtext heißt es: Die geltende innerkirchliche Machtordnung begünstigt kriminelle und übergriffige Handlungen und erschwert oder verhindert deren interne Bekämpfung wie die Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden. Die Kirche steht öffentlich unter dem Verdacht, mit ihrer eigenen Rechtsordnung Menschen zu diskriminieren, demokratische Standards zu unterlaufen und sich gegenüber kritischen Anfragen an ihre Lehren und Organisationsstrukturen selbst zu immunisieren.
Der Blick in die Geschichte zeigt, dass es zu unterschiedlichen Zeiten und je nach sozio-kulturellem Umfeld und aktuellen Herausforderungen viele Möglichkeiten gab, die Strukturen der katholischen Kirche zu gestalten. Aus heutiger Sicht ist klar: Eine restriktive Führungskultur verschwendet Potentiale und Kompetenzen von Gläubigen und Amtsträgern. Die Kirche muss sich in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft der öffentlichen Kontrolle stellen. Die Rechtskultur der Kirche muss sich an den Grund- und Menschenrechten ausrichten. Auch geistlich begründete Leitung muss wirksam an Recht und Rechtsschutz gebunden sein. Bei schuldhaftem Versagen braucht es eine verlässliche Verwaltungsgerichtsbarkeit. Leitung muss immer auch von denen mitbestimmt werden, über die bestimmt wird. Das Teilen und Kontrollieren von Macht ist kein Angriff auf die Autorität von Ämtern. Vielmehr steigt die Zuschreibung von Autorität, wenn diese sich klaren und von anderen aufgestellten Qualitätsstandards verpflichtet. Transparenz, Rechenschaftslegung und effektive Machtkontrolle beugen Machtmissbrauch vor.
Vielfalt stellt weder eine Schwäche der Kirche noch ein Führungsversagen der Verantwortlichen dar. Vielfalt zu kultivieren, ohne als Gemeinschaft auseinanderzubrechen, kann, wie die Kirchengeschichte zeigt, geradezu als Markenzeichen des Katholischen verstanden werden.