Kirche St. Christophorus in Preungesheim soll aufgegeben werden
Die Pfarrei Sankt Franziskus ist zwar die drittgrößte Pfarrei im Bistum Limburg, aber auch dort schwinden langsam die Mitglieder – wie in fast allen Gemeinden. Aktuell sind es 20.461, im Jahr 2030 sollen es 18.000 sein, 2040 nur noch 16.000. Deshalb haben die Verantwortlichen schon im Juli 2016 beschlossen, an der Kirchlichen Immobilien Strategie (KIS) des Bistums Limburg teilzunehmen, um sich für die Zukunft aufzustellen. In Phase 1 hat eine aus synodalen Gremien und Bischöflichem Ordinariat gebildete Arbeitsgruppe zunächst alle Gebäude der Pfarrei neuen Typs erfasst und bewertet. Dabei wurde schnell klar: Die prognostizierten Instandsetzungskosten der sechs Kirchen, sechs Gemeindehäuser und sieben Pfarrhäuser liegen mit 9,9 Millionen Euro deutlich über dem Machbaren. Und auch die Betriebskosten der vielen Gebäude sind auf Dauer viel zu hoch.
Im zweiten Schritt wurde ab Frühjahr 2019 deshalb ein Gebäudenutzungskonzept erarbeitet, das Kosten sparen und die Gemeinde zukunftsfähig machen soll. Mitte September hat die AG nun die Ergebnisse dem Pfarrgemeinderat, dem Verwaltungsrat und den Ortsausschüssen vorgestellt. Ihr Vorschlag: Das Pfarrhaus in St. Albert (Dornbusch) wird aufgegeben, in St. Josef (Eschersheim) eine vergrößerte Kita mit einem verkleinertem Gemeindezentrum neu gebaut.
Fast alle Gebäude sollen abgerissen werden
Hart trifft es den Kirchort St. Christophorus (Preungesheim). Dort ist geplant, bis auf die U3-Kita alle Gebäude abzureißen – auch das Gotteshaus. „Kirche, Gemeindehaus, Pfarrhaus und Kita (Baujahre 1962-1964) sind in einem überwiegend schlechten Gesamtzustand, Kirche mit Setzrissen aufgrund schlechter Bodenverhältnisse“, begründet die Arbeitsgruppe laut Präsentation ihren Vorschlag.
Entstehen soll an dieser Stelle ein verkleinertes Gemeindezentrum mit modernem Andachtsraum sowie ein Neubau der Kita für über Dreijährige. Was die Gottesdienste betrifft, sei eine Mitnutzung der benachbarten evangelischen Kirchen vorstellbar. Wie mit den freiwerdenden Flächen zukünftig verfahren wird, soll im weiteren Verlauf der Diskussion noch beraten werden, an einen Verkauf ist laut Arbeitsgruppe aber nicht gedacht. Stattdessen könnte das gut 6000 Quadratmeter große Grundstück im Erbbaurecht zur Schaffung von Wohnraum verpachtet werden. So ließe sich der Eigenanteil der Kirchengemeinde an den Baukosten finanzieren, der bei den meisten Baumaßnahmen im Bistum Limburg zwischen 11 und 19 Prozent liegt. Wie hoch die Kosten des Gesamtprozesses in Sankt Franziskus sein werden, steht derzeit noch nicht fest.
Allen ist seit der Visitation durch den Bischof 2018 klar, dass wir nicht alle Immobilien behalten können.
Anto Batinic, Pfarrer von Sankt Franziskus
„Die Abgabe eines Pfarrgebäudes ist immer schmerzhaft für die Gemeindemitglieder, die eine besondere Beziehung zum Kirchort, zur Gemeinde vor Ort und zum Gebäude haben“, sagt Pfarrer Anto Batinic. Trotzdem seien die Einschnitte mit Blick auf die Fakten unvermeidlich. „Allen ist seit der Visitation durch den Bischof 2018 klar, dass wir nicht alle Immobilien behalten können.“ Seit Beginn der Beratungen wurde versucht, die Gemeindemitglieder in den Prozess einzubinden und durch Info-Tage, Sitzungen und Pfarrversammlungen aktuell zu informieren. Offenbar mit Erfolg: „Bei der Präsentation der Vorschläge wurde Verständnis gezeigt.“ Die Pfarrei bemüht sich, der Umstrukturierung etwas Gutes abzugewinnen. Immerhin berge der Prozess die Chance zur Profilschärfung von St. Franziskus Frankfurt. „Und darüber hinaus schaffen wir für die Zukunft eine tragbare finanzielle Basis“, sagt der Pfarrer.
Rein wirtschaftlich schon vor 15 Jahren aufgegeben
Der Vorsitzende des Pfarrgemeinderates Ralf Bentzin betont, es sei nie leicht, etwas aufzugeben: „Die Aufgabe der Kirche in St. Christophorus ist leider der traurige Höhepunkt bei der Betrachtung der Gebäude des gesamten Kirchortes.“ Rein wirtschaftlich habe das Bistum die Kirche schon vor 15 Jahren aufgegeben, indem die Kategorie Rot bei der Bezuschussung gewählt wurde. „Durch Einwirkungen der Natur gibt es an allen Gebäuden zusätzlich Setzrisse und die Gebäude stammen aus einer Zeit, in der man nicht so stabil gebaut hat und auch Dämmung noch nicht dazugehört hat“, so Bentzin. Das alles mache es sehr schwer, Argumente für einen Erhalt zu finden. „Und dazu kommt, dass in einem knappen Kilometer Laufweg die nächste große Kirche unserer Pfarrei steht.“
Trotzdem, sagt Bentzin, habe man sich in der KIS2 Gruppe sehr schwer mit der Entscheidung getan, die Kirche in St. Christophorus gegen einen wesentlich kleineren modernen Andachtsraum zu tauschen: „St. Christophorus ist der größte unserer Kirchorte und hat viele junge Familien, er ist aktiv, besser kann es fast nicht sein.“ In der Arbeitsgruppe habe man dann aber gerade dieses Argument so verstanden, dass dies auch eine Chance sein kann, neue Gottesdienstformen in einem neuen Raum zu versuchen und zu etablieren. „Wir hoffen, dass uns das gelingen wird“, meint der PGR-Vorsitzende.
Finanzdezernent: "Tragweite ist uns bewusst"
Die Aufgabe einer Kirche sei ein gravierender Einschnitt für eine Gemeinde und das Verständnis von christlichem Miteinander, sagt Thomas Frings, Finanzdezernent des Bistums. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Aufgabe des Sakralbaus in dessen Niederlegung münde. „Uns ist die Tragweiter einer solchen Entscheidung bewusst“, betont Frings. „Aus diesem Grund beschäftigen sich mehrere Gremien im Bistum mit der Ausarbeitung von Entscheidungsempfehlungen. So stellen wir sicher, dass ein sehr differenziertes Gesamtbild entsteht, bevor es zu einer Empfehlung kommt.“ Keine leichte Aufgabe: „Pastorale Interessen und kaufmännische Zwänge müssen dabei sorgfältig miteinander abgewogen werden.“
Als weitere Ebene der Sicherung sieht das Bistum die Beratung in unterschiedlichen Gremien. Die ausführliche Beratung steht zwischen der Empfehlung und der Entscheidung. „Auf Außenstehende mag diese intensive Beschäftigung mit einem Thema ineffizient wirken; die Partizipation aller Beteiligten halten wir in einem solchen Prozess aber für immanent wichtig und unabdingbar“, so der Finanzdezernent.
Die Vorschläge werden nun in den Ortsausschüssen beraten. Im Januar 2021 sollen Pfarrgemeinderat und Verwaltungsrat der Kirchengemeinde die nötigen Beschlüsse für eine Umsetzung fassen. Ab Februar 2021 könnte die Umsetzung beginnen.
Über Sankt Franziskus
Die Pfarrei neuen Typs entstand 2015 durch den Zusammenschluss der ehemals selbständigen Pfarreien St. Josef (Eschersheim), Allerheiligste Dreifaltigkeit (Frankfurter Berg, Berkersheim), St. Christophorus (Preungesheim), Herz Jesu (Eckenheim), St. Albert (Dornbusch) und Sta. Familia (Ginnheim).