Endspurt in der Frauenfriedenskirche
Anstrengende Bauzeit voller Überraschungen
Wenn all das alles erledigt ist und die Kirche wieder in Betrieb genommen werden kann, blicken Baumgartl, Stoffels und ihre Mitstreiter auf eine lange, anstrengende Bauzeit voller Überraschungen zurück. Ursprünglich waren Bodenrisse der Grund, warum Sanierungen nötig wurden am größten Friedensdenkmal Frankfurts, erbaut 1929 von Frauen als Mahnmal nach dem Schrecken des Ersten Weltkriegs. Doch dann kam eins zum anderen, jeder Schritt zog gefühlt zehn weitere nach sich.
Zum Beispiel, als Anfang 2019 entdeckt wurde, dass der gesamte Kirchenraum metertief von kräftigen Wurzeln durchzogen war (wir berichteten). Sie stammten von vier Platanen, die entlang der Hedwig-Dransfeld-Straße an der nordöstlichen Seite der Kirche standen – und die zwischenzeitlich gefällt wurden. Es habe schon die eine oder andere Bauausschusssitzung gegeben, nach der sie „völlig fertig“ gewesen sei, erinnert sich Franziska Baumgartl. Die vielen neuen Probleme führten dazu, dass die Kosten von kalkulierten 1,8 Millionen auf 5 Millionen Euro anwuchsen und die Kirche nicht wie geplant schon 2019 wiedereröffnet werden konnte. Den Löwenanteil zahlte das Bistum, 350.000 Euro sammelte der 2017 gegründete Freundeskreis Frauenfrieden. Zudem gab es große Zuwendungen der Stiftung Denkmalschutz und des Landes Hessen.
„Wir hatten großes Glück!“
Die vergangenen Jahre waren also ein Auf und Ab. Trotzdem betont Franziska Baumgartl: „Wir hatten eine tolle Baustelle mit großartigen Leuten, auch bei den Handwerkern hatten wir großes Glück! Wann immer ein Problem auftauchte, haben wir eine Lösung gesucht und auch gefunden.“ Alle Beteiligten hätten sehr konstruktiv und mit Begeisterung gearbeitet.
16.000 Kubikmeter Gerüst, 8 Kilometer Kabel und 7500 Quadratmeter Wandfläche – wenn Baumgartl und Stoffels solche Zahlen der Superlative nennen, klingt das ein bisschen wie Kirchenquartett. Und wenn sie Fotos auf dem Handy zeigen, wird schnell klar, dass die Sanierung, wenn auch anstrengend, so doch ein Abenteuer war, von dem sie letzten Endes froh sind, es erlebt zu haben. Denn wer kann sonst schon von sich behaupten, auf einem Gerüst im Deckengebälk des Kirchenschiffs gesessen, auf dem Dach neben dem Kreuz gestanden und von oben auf den Kopf der zwölf Meter hohen Marienstatue herabgeblickt zu haben?
Video der Deutschen Stiftung Denkmalschutz zur Sanierung der Frauenfriedenskirche
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Das Festprogramm zur Wiedereröffnung der Frauenfriedenskirche nimmt im druckfrischen Gemeindebrief eine ganze Seite ein. Großes Geläut, Orgelweihe, Altarweihe, Festakt mit geschlossener Gesellschaft, Illumination der Regina Pacis, eine Ausstellung und öffentliche Kirchenführungen – um das außergewöhnliche Gotteshaus in Bockenheim nach langer Bauphase gebührend zurückzubegrüßen, ist gleich eine ganze Reihe von Veranstaltungen geplant. Doch ob sie alle wie geplant stattfinden können, weiß momentan niemand. Wie so oft in der Corona-Zeit.
„Wir haben viele Pläne, aber auch immer im Hinterkopf, dass wir eventuell zurückrudern oder die Feierlichkeiten ganz absagen müssen“, sagt Franziska Baumgartl, Vorsitzende des Freundeskreis Frauenfrieden und Baubeauftragte. Nach heutigem Stand dürften 120 Personen zum Festgottesdienst mit Altarweihe am 22. November eingeladen werden. Selbst diese Planung ist für Franziska Baumgartl und ihre Mitstreiterin, Pfarrsekretärin und Kirchenführerin Kerstin Stoffels, schon ein schwieriges Unterfangen. Denn am liebsten möchte jeder, der die Kirche kennt und liebt, dabei sein, wenn Bischof Georg Bätzing am 22. November in der Eucharistiefeier den neuen Altar weiht. Doch da das nicht geht, wird der Großteil der Plätze verlost.
Am 3. November wird ausgelost
„Vom 19. Oktober bis 1. November können sich alle, die gerne teilnehmen möchten, per Post, Telefon oder Mail bewerben“, erklärt Baumgartl. Wichtig sei, dass sie ihre Postadresse angeben. Denn wenn am 3. November alle Zuschriften in eine Lostrommel gepackt und die begehrten Plätze verlost werden, erhalten die Gewinner ihre Eintrittskarten per Post. Ohne Eintrittskarte kein Zutritt am Festtag – das ist die bittere Wahrheit des Corona-Jahrs. Bestenfalls. Nicht auszudenken, wie kompliziert das Ganze erst werden könnte, wenn die Beschränkungen bis dahin noch verschärft würden. Immerhin: „Wer keinen Platz im Festgottesdienst bekommt, der hat automatisch eine Chance auf eine Karte für die Orgelweihe am Vorabend“, so Kerstin Stoffels.
Neben den Sorgen um die Eröffnungsfeierlichkeiten nimmt auch der Zeitdruck auf der Baustelle langsam, aber sicher zu. Bis die Kirche am 22. November wieder als Mittelpunkt der Pfarrei St. Marien in Betrieb genommen werden kann, gibt es noch einiges zu tun. So fehlt noch der Teppichboden im Kirchenraum, Teile der spektakulären neuen Beleuchtung und die Beichtstühle. Die aufgearbeiteten Original-Bänke von 1929 kommen nächste Woche vom Restaurator zurück, ebenso die beiden Figuren der vorderen Seitenaltäre und der Kreuzweg. Die Kommunionbänke und die Seitenaltäre müssen noch gestrichen werden – und dann ist da ja auch noch die kleine Orgel aus Sankt Raphael, die in Frauenfrieden eine neue Heimat finden soll. Ein großer Zeitfaktor, denn der Orgelbauer braucht zum Intonieren des Instruments ganze elf Tage, in denen in der Kirche absolute Stille herrschen muss. „Das ist schon ein Investment in einer Kirchenbaustelle, die dem Ende entgegengeht“, bringt Kerstin Stoffels es auf den Punkt.