Ende für Buchhandlung am Traditionsstandort
FRANKFURT.- Als eine „sehr schmerzhafte und schwere“ Entscheidung hat der Stadtdekan von Frankfurt, Dr. Johannes zu Eltz, den Beschluss des Gesamtverbandes der katholischen Kirchengemeinden in Frankfurt bezeichnet, den Mietvertrag für die traditionsreiche Buchhandlung Carolus am Liebfrauenberg über das Jahr 2015 hinaus nicht zu verlängern. Als Dienstleister für die 42 katholischen Kirchengemeinden in der Stadt müsse der Gesamtverband zahlreiche Projekte finanzieren, für die es keine anderen Finanzierungsmöglichkeiten gebe, unterstrich zu Eltz am Freitag, 26. Juli, vor der Presse in Frankfurt. Vor allem die Vermittlung günstiger Wohnungen an Familien mit Kindern, Alleinerziehende oder benachteiligte Menschen habe absoluten Vorrang. Die Mieter könnten nicht herangezogen werden, um Gewerbeimmobilien zu subventionieren. Vielmehr müsse umgekehrt mit den gewerblichen Mieteinnahmen dafür gesorgt werden, dass „wir für unsere Wohnungen Mieten am unteren Rand oder unterhalb des Mietspiegels veranschlagen können“, für Menschen, die keine bezahlbare Unterkunft finden.
Mit seinem eigenen historischen gewachsenen Immobilienbestand sowie Immobilien aus Treuhandvermögen und Stiftungen verfügt der Gesamtverband über insgesamt 150 Wohnungen in 18 Liegenschaften. Viele müssten saniert werden, wenn sie oft nach Jahrzehnten frei würden, betonte Ingrid Noll, die sich beim Gesamtverband ehrenamtlich um die Vermietung der Wohnungen kümmert. Trotzdem, so der Stadtdekan, hätte er Carolus gerne an diesem Standort gehalten, sei der der Buchhandel seit Jahren massiv unter wirtschaftlichem Druck. Seit er vor fast 30 Jahren als Student nach Frankfurt gekommen sei, sei Carolus „seine Buchhandlung“. Umso mehr schmerze es ihn, jetzt das Aus am angestammten Standort in der Innenstadt verkünden zu müssen.
Allerdings schreibe der vor 20 Jahren geschlossene Vertrag eine Miete fest, die „weit unterhalb aller darstellbaren Mieten in der Innenstadt“ liege. Für das Erdgeschoss zahlt Carolus derzeit 15 Euro, für das 1. Obergeschoss zehn, was eine Miete von 12,39 Euro pro Quadratmeter insgesamt ergibt. Zum Vergleich: für eine Wohnung müssen Mieter in Frankfurt durchschnittlich 10,87 Euro zahlen. Seit zwei Jahren gebe es intensive Verhandlungen mit der Geschäftsführung und dem Herder-Verlag, zu dem die Buchhandlung Carolus gehört. Die Gespräche seien aber erfolglos geblieben, mehr als 15 Euro pro Quadratmeter wolle der Verlag nicht zahlen. Deshalb sei „kein anderer Weg möglich“, als den Vertrag nicht mehr zu verlängern, betonte der Stadtdekan, man sei den eigenen Wohnungsmietern gegenüber in der Pflicht. Dennoch helfe der Gesamtverband der Buchhandlung Carolus bei der Suche nach einem neuen Standort, soweit dies möglich sei.
Die Mietvorstellungen des Gesamtverbandes sind nach Darstellung des Stadtdekans nicht utopisch. Die für die gute Lage prognostizierten 70 bis 120 Euro pro Quadratmeter seien aller Erfahrung nach unrealistisch, sagte er. Der Verband hatte einen Makler eingeschaltet, um ein Unternehmen zu finden, das für eine gewisse Nachhaltigkeit stehe und seriös sei. Die Wahl fiel auf das mittelständische deutsche Familienunternehmen Butlers, das europaweit 160 Läden für Geschenkartikel und Wohnaccessoires betreibt. Butlers zahle 42 Euro pro Quadratmeter, habe sich aber bereiterklärt, den hohen Investitionsstau in den Geschäftsräumen zu übernehmen und etwa Elektrik, sanitäre Anlagen, Heizung etc. selbst zu erneuern. Außerdem seien in dem auf zehn Jahre geschlossenen Vertrag Mietsteigerungen, die sich am Verbraucherindex orientieren, festgelegt.
Gesamtverband finanziert City-Seelsorge
Der Gesamtverband ist 1922 als gemeinsame Verwaltungsstelle der katholischen Pfarreien in Frankfurt gegründet worden. Er ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts und für das gesamte kirchliche Meldewesen sowie alle Aufgaben zuständig, die über die örtlichen Bereiche der 42 katholischen Gemeinden in der Stadt hinausgehen.
Seit 1990 engagiert sich der Gesamtverband verstärkt in der so genannten City-Seelsorge. Er ist z.B. am katholischen Kirchenladen i-Punkt am Liebfrauenberg und am Projekt „Kirche für Arbeit“, das seit 1997 Menschen ohne Arbeit und Geringverdienern zur Seite steht, finanziell beteiligt. Der Gesamtverband hat außerdem die Betriebsträgerschaft für das Zentrum für Trauerseelsorge St. Michael im Nordend und das Zentrum für christliche Meditation und Spiritualität Heilig Kreuz in Bornheim, beides Einrichtungen des Bistums Limburg. Auch andere zentrale Aufgaben der Stadtkirche, wie z.B. den Bau des katholischen Studentenwohnheims auf dem Campus Westend, unterstützt der Gesamtverband. Mehr als eine Million Euro ist gerade in die Renovierung der Koselburg im Nordend geflossen, wo ein Kindergarten und Wohnungen für behinderte junge Menschen eingerichtet werden. Mehr als zwei Millionen Euro wird ein neues Studentenheim im Unterweg kosten. Und auch auf einem Grundstück in Sachsenhausen sollen neue Wohnungen gebaut werden. „Das werden erschwingliche Mietwohnungen, keine teuren Eigentumswohnungen“, sagte der Stadtdekan zu.
Die vom Gesamtverband unterstützten Projekte der Stadtkirche sind in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Wurden 1995 noch 175 000 Euro in übergemeindliche Aufgaben gesteckt, waren es 2005 schon 450.000 Euro und 2012 rund 550.000 Euro. Für diese Finanzierung fließen dem Gesamtverband keinerlei Kirchensteuern zu, finanziert wird die Arbeit aus eigenen Mitteln, die etwa aus Vermietung und Verpachtung von Wohnungen an Familien mit Kindern oder benachteiligte Menschen kommen. An das Bistum Limburg muss der Gesamtverband kein Geld abführen. Die Einnahmen kommen allein stadtkirchlichen Zwecken zugute. (dw)