Die Reste der Kirche auf Ebay verscherbeln?
Wie eine Wohnung, die nach dem Tod des Bewohners aufgelöst werden muss – so wirkt die katholische Kirche auf Prof. Agnes Wuckelt. „Die Angehörigen machen sich daran, die Habseligkeiten zu sortieren, fragen sich, wofür sie noch ein bisschen Geld auf Ebay bekommen, was aus emotionalem Wert heraus behalten und was weggeworfen werden soll“, sagt die stellvertretende Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), die auch Mitglied der Synodalversammlung und des Synodalforums 3 ist.
Wuckelt ist eine der Rednerinnen bei einem von Wir sind Kirche, kfd, Katholischem Deutschen Frauenbund (KDFB), Maria 2.0 und dem Verein Homosexuelle und Kirche (HUK) initiierten Pressegespräch. Am frühen Nachmittag, kurz vor Zusammentreten der Synodalversammlung des Synodalen Weges heute auf dem Messegelände in Frankfurt, ist das mediale Interesse entsprechend groß. Und die Protagonistinnen und Protagonisten liefern, sie nehmen kein Blatt vor den Mund und sprechen ihre Kritik offen aus. Sexueller Missbrauch, Priesterinnenweihe, das Recht einer kirchlichen Heirat für homosexuelle Paare und einiges mehr – die Liste der Themen, an denen die Synodalen des Synodalen Weges in den nächsten drei Tagen weiter arbeiten werden, ist fast so lang wie die Liste der Verletzungen Betroffener.
Nicht vergammeln lassen
So schließt Agnes Wuckelt ihren Vergleich zur Wohnungsauflösung mit den Worten: „Wir dürfen nicht einfach die Tür verschließen und das, was eigentlich raus muss, vergammeln lassen.“ Stattdessen müsse man großzügig und mutig wegwerfen, so dass Wertvolles, aber lang Vergessenes wieder zum Vorschein kommen könne. Wie die belegte Tatsache, dass es in der frühen Kirche Diakoninnen und sogar Erzbischofinnen gegeben habe, unterstreicht Wuckelt.
Dorothee Sandherr-Klemp,Geistliche Beirätin des KDFB auf Bundesebene, sagte, am Anfang des Synodalen Weges habe die Erschütterung gestanden: über sexuellen Missbrauch, über Vertuschung und Vernebelung. Diese Erschütterung sei notwendig gewesen, um die Kirche in Bewegung zu bringen. Doch Sandherr-Klemp machte keinen Hehl daraus, dass sie sich um diese Anfangsdynamik sorge. „Der Synodale Weg war gedacht als Weg der Umkehr und Erneuerung – deshalb appelliere ich an die Synodalen: Lassen Sie weiterhin Erschütterung und Bewegung zu!“ Gleichberechtigung von Frauen in Weiheämtern sei ein wichtiger Weg, Missbrauch künftig zu verhindern. „Deshalb muss Gleichberechtigung ein Anliegen aller Menschen sein“, sagte sie.
„Gesellschaft muss Kirche missionieren!“
Wie sehr es in Monika Humpert von der Frauenprotestbewegung Maria 2.0 Frankfurt brodelt, wurde in ihrem kurzen Statement deutlich: „Ich bin ganz und gar nicht geistlich, sondern weltlich, ich bin Rechtsanwältin – und in der Welt ist das, was wir hier fordern, längst ganz normal!“ Die Gesellschaft müsse nun die Kirche missionieren, forderte Humpert. Das Christentum müsse wieder appetitlicher werden: „Dann können wir auch das Antimaterielle und Spirituelle wieder mehr kultivieren.“
Momentan fühle sich die Beschäftigung mit Kirche an wie eine Zeitreise 1000 Jahre zurück, sagte Humpert. Die Themen des Synodalen Weges zu behandeln sei hunderte von Jahren überfällig. „Aber immerhin hat die Erschütterung durch das Bekanntwerden des massiven sexuellen Missbrauchs und Machtmissbrauchs dazu geführt, dass die Bischöfe von ihrem Podest gestiegen sind. Nun müssen sie immerhin laufen und reden.“ Ähnlich äußerte sich Magnus Lux vom Bundesteam „Wir sind Kirche“: „Es ist nur recht und billig, dass die Bischöfe Rechenschaft ablegen. Dafür fordern wir einen Paradigmenwechsel.“