14.10.2014
Das Mehr des Lebens spüren
FRANKFURT.- Es gibt Orte, wo Kirche sich anders zeigt, als Klischees und gesellschaftliche Vorstellungen erwarten ließen: Einer dieser Orte war am Montagabend, 13. Oktober, der große Saal der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) an der Frankfurter Goethe-Universität. Hier wurde Joachim Braun, seit vielen Jahren Jugendseelsorger im Bistum Limburg, in sein neues Amt als Hochschulpfarrer eingeführt. Nicht mit einem Gottesdienst, wie vielleicht zu erwarten war, sondern mit lateinamerikanischen Rhythmen, fröhlichen Ansprachen und vielen Sympathiebekundungen in spanischer Sprache. Denn gefeiert wurde gleichzeitig die Eröffnung der 5. Lateinamerikanischen Wochen an der Hochschule, die von den katholischen und evangelischen Studentengemeinden vor fünf Jahren aus der Taufe gehoben worden waren.
Und so war es ein fröhliches Fest für den 46-Jährigen, der, wie Weihbischof Thomas Löhr sagte, lediglich „mit ein paar Ideen und dem Evangelium im Gepäck“ zum 1.Oktober nach Frankfurt gekommen war. Anders als seine Vorgänger, zwei Jesuiten, wird Braun auch Pfarrer der benachbarten Pfarreien in Bockenheim sein. Dennoch sicherte der Weihbischof zu: „Wenn Kirche die Seelsorge aus der Hochschule zurückziehen wollte, dann hätte sie gar nichts verstanden!“ Für die katholische Hochschulseelsorge stelle sich die Aufgabe, in der Spannung von Wissenschaft und Glauben für Studierende und Lehrende da zu sein. Deshalb brauche es den Glauben nicht nahe der Universität oder neben der Hochschule, sondern mitten in ihr. Hochschulseelsorge sei heute dringender denn je, weil sie den Blick über die Eigengesetzlichkeit hinaus erlaube, hob der Weihbischof hervor.
Der neue Hochschulpfarrer unterstrich, es gebe immer wieder Gottesbegegnungen, da wo man sie nicht erwartet, und eben Orte, wo Kirche sich anders zeigen könne als im klassischen Sinn. Vor genau hundert Jahren bei der Gründung der Goethe-Universität habe man auf die Theologie verzichtet, umso schöner sei es , dass die Kirchen heute eine Rolle in der Mitte des Campus spielen dürften. Hier könnten sie dazu beitragen, dass sich Glaube und Wissenschaft berührten: „Hier ist ein Andersort, der das Mehr des Lebens spürbar werden lässt.“ (dw)