Religion in lebendiger Campuskultur
Über den Bundesverband Katholische Kirche an Hochschulen e.V.
Der Bundesverband Katholische Kirche an Hochschulen unterstützt bundesweit die Präsenz der katholischen Kirche an den Hochschulen. In ihm arbeiten die rund 125 Katholischen Hochschulgemeinden und -zentren mit ihren gut 210 Seelsorger*innen, der Bundesverband Katholischer Studierendenwohnheime, die Arbeitsgemeinschaft Studierende der katholischen Theologie (AGT), die Arbeitsgemeinschaft der katholischen Studentenverbände (AGV), die kirchlichen Studienförderwerke Cusanuswerk, Hildegardis-Verein und Katholischer Akademischer Ausländer-Dienst (KAAD) sowie Organisationen der katholischen Erwachsenenbildung (AKSB und KEB) zusammen.
Mehr als 70 Vertreterinnen und Vertreter von religiösen Organisationen an Hochschulen haben in einer bundesweiten digitalen Fachtagung über den Stand der Religionsfreiheit an deutschen Hochschulen diskutiert. Im Gespräch mit dem Menschenrechtsexperten Heiner Bielefeldt (Erlangen) und der bisherigen Vizepräsidentin für Diversität der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Dorit Schumann (Trier), wurde deutlich, dass Religionsfreiheit als individuelles Menschenrecht unbestritten auch im Raum der Hochschulen Geltung hat. Aber die Unkenntnis über das Wesen dieses Rechtes in den Leitungen vieler Hochschulen sowie die fälschliche Berufung auf Religionsfreiheit in verschiedenen gesellschaftlichen und religiösen Diskursen führen dazu, dass sich an vielen Hochschulen ein falsch verstandener Säkularismus ausgebreitet hat. Um diese Haltung zu überwinden, schien den meisten Teilnehmenden ein aktives Engagement der religiösen Gruppierungen an den Hochschulen für interreligiöse Verständigung, für Frieden und Toleranz hilfreich. Mit Blick auf die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) wurde der Wunsch deutlich, dass sich diese stärker für eine (inter-)religiöse Sensibilisierung der Hochschulleitungen einsetzt, um so dem Respekt vor der Religionsfreiheit an allen Hochschulen den gebührenden Raum zu verschaffen.
Problematische Forderungen
Zu Beginn der Tagung stellte der Erlanger Politikwissenschaftler und Menschenrechtsexperte Heiner Bielefeldt klar, dass Religionsfreiheit als individuelles Menschenrecht auch im Raum der Hochschulen unbedingte Gültigkeit habe. Im deutschen Rechtssystem werde Religionsfreiheit im Rahmen einer „respektvollen Nichtidentifikation“ und einer „raumgebenden“ Distanzierung des Staates und seiner Einrichtungen gegenüber den Religionsgemeinschaften großzügig ausgelegt. Allerdings - so schränkte Bielefeldt ein - stehe diese Haltung in einer zunehmenden Diskrepanz zu den allgemeinen Auffassungen von Religionsfreiheit in Gesellschaft und auch bei vielen Hochschulleitungen. Nicht wenig trügen dazu die fälschliche Verwendung der Religionsfreiheit für problematische gesellschaftspolitische Forderungen bei.
Dorit Schumann, Präsidentin der Hochschule Trier und bis vor Kurzem als Vizepräsidentin der HRK auch für Diversität zuständig, sieht das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz als einen wichtigen Orientierungsrahmen für das Handeln der Hochschulen auch im Umgang mit religiösen Gruppierungen. Ebenso wie der Kanzler der gastgebenden Goethe-Universität Frankfurt, Ulrich Breuer, schätzt Schumann das Potential, das Religionsgemeinschaften im Zusammenhang mit der Prävention von Extremismus, mit ethischen Diskursen und ganz allgemein als Bereicherung der menschlichen Vielfalt in die Hochschulgemeinschaft einbringen können. Vielfalt sei für die Hochschulen als internationale Akteure ein hohes Gut. Der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft habe einen großen Auditprozess in Gang gesetzt, bei dem es um die systematische Förderung von Diversität an Hochschulen im breiten Sinn gehe. Und die HRK selbst habe ein Projekt zur Förderung von Diversität aufgelegt. Innerhalb der HRK gebe es durchaus die Ansicht, dass die Hochschulen in diesem Kontext auch den Religionsgemeinschaften Handlungsräume eröffnen bzw. die Ausübung von religiöser Praxis schützen sollten. So könne etwa im Zusammenhang der Terminierung von Prüfungszeiten auf religiöse Feiertage Rücksicht genommen werden.
Räume der Stille auf dem Campus
In drei Workshops tauschten sich die Tagungsteilnehmenden über die Bedeutung von Religion als Teil einer lebendigen Campuskultur aus, über den Zusammenhang von Identitätsbildung und Religionsausübung im Raum der Hochschule sowie über die Potentiale von Räumen der Stille für die (inter-)religiöse Sensibilisierung. In der abschließenden Podiumsdiskussion, an der zusätzlich Joachim Valentin, stv. Vorsitzender des Rats der Religionen in Frankfurt, und Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, teilnahmen, wurden zwei Dinge deutlich: Um dem Recht auf Religionsfreiheit auch im Hochschulraum Geltung zu verschaffen, braucht es einerseits mehr religionspolitische und auch religiöse Sensibilisierung und Beratung in den Hochschulleitungen. Hier begrüßten die Teilnehmenden die ermutigenden Signale aus dem Präsidium der HRK. Andererseits erkannten alle Vertretungen der religiösen Hochschulorganisationen, dass sie noch viel stärker als bisher die praktische interreligiöse Zusammenarbeit auf Augenhöhe miteinander entwickeln und pflegen sollten. Für die bundesweite Interreligiöse Arbeitsgruppe „Religion an der Hochschule“, die die Tagung organisiert hatte, war das fast schon so etwas wie ein Arbeitsauftrag.