Wohnungsnot: Ein Leitfaden zeigt Wege auf
In Frankfurt ist der Wohnraum knapp. Die Stadtkirche Frankfurt könnte bei der Lösung der Wohnungsnot eine Rolle spielen, denn sie besitzt zahlreiche Immobilien wie Pfarr- und Gemeindehäuser sowie Wohnungen. Deshalb hat die Projektgruppe Bauen und Wohnen nun einen „Leitfaden Wohnen“ veröffentlicht, der hier heruntergeladen werden oder als Broschüre bestellt werden kann (sozialpastoral@ stadtkirche-ffm .de).
„Das Heft richtet sich vor allem an Pfarreien, die selbst Wohnraum temporär oder dauerhaft vermieten möchten oder Neubauprojekte in Angriff nehmen“, erklärt Pia Arnold-Rammé, Referentin für Sozialpastoral in der Fachstelle für katholische Stadtkirchenarbeit. Im Leitfaden werden Beispiele von Gemeinden aufgezeigt, die bereits erfolgreich vermieten. Ihre Erfahrungen können von neu an dem Thema interessierten Pfarreien für die Vergabe von Wohnungen genutzt werden, sind aber auch für private Vermieter relevant.
„Ganz konkret geht es uns darum, gezielt Gruppen zu fördern, die sonst nur schwer eine Wohnung finden“, so Pia Arnold-Rammé. Besonders stark benachteiligt sind Bezieher von Grundsicherung, Erwerbslose, Familien und Haushalte mit niedrigem Einkommen sowie Migrationshintergrund, Wohnungssuchende mit negativen Schufa-Einträgen, Geflüchtete und wohnungslose Menschen. „Für sie ist es fast aussichtslos geworden, aus eigener Kraft überhaupt noch eine eigene Wohnung zu finden – weder auf dem öffentlich-geförderten, noch auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt“, heißt es in der Analyse der Projektgruppe.
Konkrete Beispiele, die Orientierung geben
Das 46-seitige, mit vielen schönen Frankfurt-Fotos ausgestattete Heft enthält neben vielen wichtigen Infos rund ums Thema Wohnraum in Frankfurt deshalb ganz konkrete Beispiele, die interessierten Gemeinden zur Orientierung dienen können. Zum Beispiel das der Dompfarrei Frankfurt, die schon lange erfolgreich vermietet. Dafür gibt es interne Kriterien, nach denen die Pfarrei Mieter auswählt und Wohnungen vergibt. Leerstand wird durch zügige Renovierung und Neuvermietung möglichst vermieden, zugleich ist in der Regel der Richtwert bei der Miethöhe die ortsübliche Vergleichsmiete, die nicht überstiegen werden soll. Für sozial benachteiligte Gruppen kann es Ausnahmen geben.
Die Frage des bezahlbaren Wohnraumes für Menschen ist die soziale Frage des 21. Jahrhunderts.
Aus dem Vorwort des Leitfadens
Bei der Auswahl der Mieter achtet die Dompfarrei auf eine ausgewogene Mietstruktur im Haus, so dass ein gutes Miteinander wahrscheinlich ist. „Das heißt, jung und alt unter einem Dach, deutsche und ausländische Mieter und Mieterinnen zusammenführen, berufstätige, arbeitslose und im Ruhestand befindliche“, heißt es im Leitfaden. Bei der Vergabe von großen Wohnungen werden Familien bevorzugt, kleinere Wohnungen gehen eher an Einzelpersonen und Paare. Zudem werden ältere Menschen nach Möglichkeit in den unteren Stockwerken untergebracht, jüngere in den oberen Etagen.
Eine gute Durchmischung
Die Dompfarrei achtet für eine gute Durchmischung auch darauf, mindestens eine Flüchtlingsfamilie mit Kindern pro Mietshaus unterzubringen. Zuerst mit einer Nutzungsvereinbarung für mindestens zwei Jahre über den Caritasverband Frankfurt und anschließend eventuell mit eigenem Mietvertrag.
Dass die Caritas zunächst als Mieter einspringt geht übrigens nicht nur bei Flüchtlingsfamilien. Im Hintergrund steht die Anfang 2016 vom Caritasverband gegründete Wohnraumhilfe für Geflüchtete und Wohnungssuchende. In Kooperation mit katholischen Kirchengemeinden, Privatvermietern und Wohnungsbaugesellschaften in Frankfurt werden leerstehende Räumlichkeiten und Wohnungen in Pfarr- und Gemeindehäusern bis zu ihrer Weiterverwendung zeitlich befristet angemietet und als Wohnraum zwischengenutzt.
Alle profitieren
Davon profitieren die Kirchengemeinden als Vermieter, ebenso wie Privatleute, die mit dem Caritasverband einen Mietvertrag abschließen: Eine angemessene und regelmäßig gesicherte Miete ist garantiert, das Vermietungsrisiko, das beim temporären Wohnraum größer ist, liegt bei der Caritas und nicht bei den Vermietern. Außerdem werden die Interessen der Eigentümer bei der Belegung so weit wie möglich berücksichtigt. Die Eigentümer lernen die Wohnungsnutzer kennen und können eigene Erfahrungen mit ihnen sammeln. Und sollte nach zwei Jahren eine Weiternutzung von beiden Seiten gewünscht sein, kann eine Übernahme des Mietvertrags vom Caritasverband geprüft werden. Dann werden aus Wohnungsnutzern echte Mieter – eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.
„Viele Pfarreien und private Vermieter kennen die Möglichkeit, zunächst den Mietvertrag mit dem Caritasverband abzuschließen, bisher nicht“, sagt Pia Arnold-Rammé. Sie hofft, dass dieses Konzept durch den „Leitfaden Wohnen“ mehr Beachtung bekommt und dann auch rege genutzt wird.