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„Wo wir sind, müssen die Türen offen sein“

Baseler Bischof Felix Gmür mahnt zu Verantwortungsübernahme
„Wo wir sind, müssen die Türen offen sein“
„Wo wir sind, müssen die Türen offen sein“
Bischof Felix Gmür beim Karlsamt im Bartholomäusdom. © Maik Reuß

INFO

Hier sind die Aufzeichnungen von Domgespräch und Karlsamt 2025 zu finden:

Das Bistum Basel umfasst zehn der 26 Schweizer Kantone mit rund 1,1 Millionen Katholikinnen und Katholiken. In der Schweiz ist das kantonale Recht dem Völker- und dem Bundesrecht nach- und dem kommunalen Recht übergeordnet, entsprechend gibt es im Bistum Basel zehn verschiedene Staatskirchenrechtssysteme, in zwei Kantonen sogar nur kommunale Regelungen. Gmür ist seit 2011 Bischof von Basel, er hat mittlerweile viel Erfahrung mit dem System. „Es ist gut, weil es verankert ist bei den Menschen, aber auch schwierig, weil Veränderungen noch langsamer gehen als ohnehin in der Kirche“, erklärte er. „Was die Leute betrifft, ist es nicht anders als überall in Zentraleuropa: Das Interesse an Spiritualität ist ungebrochen, aber der Ausdruck dieser Spiritualität und eine Bindung an eine Kirche sind merklich zurückgegangen, bei der katholischen und der evangelischen Kirche genauso wie bei muslimischen Gemeinschaften.“

Das Subjekt der Kirche

Nach dem Domgespräch feierte Bischof Gmür gemeinsam mit Bischof Dr. Georg Bätzing und Weihbischof Dr. Thomas Löhr das traditionelle Karlsamt im wie immer vollbesetzten Bartholomäusdom. Dabei hielt er seine Predigt frei und fragte: „Wer ist das Subjekt der Kirche?“ Gott, Jesus, der Heilige Geist, vielleicht der Priester, aber eben auch das Volk. Und hier könne Europa sich von der Kirche etwas abschauen. „Vielleicht muss Europa wieder lernen, sich selbst als Subjekt zu sehen. Ich höre in der Schweiz von außen ein Lamento, wie abhängig man ist, wie man zerdrückt wird und kleiner wird und wie der Einfluss sinkt. Dass es uns doch eigentlich gut geht, aber die anderen wollen, dass es uns schlecht geht. Vielleicht ist es gut, wenn dieses Europa wieder lernt zu sagen: Wir sind jemand, wenn auch nicht mehr wie früher. Wir müssen das Subjekt unseres eigenen Handelns sein.“ Sonst kämen „komische“ Regierungen und würden extrem, würden das Volk vom Subjekt und zum Objekt machen und obendrein manipulieren. „Das ist unmenschlich und auch unkatholisch“, sagte Gmür. Die Predigt kann hier in der Karlsamt-Aufzeichnung nachgehört werden.

Bewusste Lücke gelassen

Die Leitung der katholischen Stadtkirche, Christiane Moser-Eggs und Michael Thurn, begrüßten erstmals die Menschen im vollbesetzten Dom. Dabei erklärte Thurn, warum es in diesem Jahr, anders als sonst, nicht die gewohnte geschichtliche Einführung vor dem Gottesdienst gegeben hat. „Pfarrer Prof. Matthias Kloft, der sie jedes Jahr gehalten hat, ist im Oktober letzten Jahres völlig überraschend gestorben. Die Lücke, die er hinterlassen hat, ist spürbar und groß. Deshalb haben wir in diesem Jahr bewusst auf die Einführung verzichtet. Prof. Kloft ist fast zeitgleich mit Altbischof Franz Kamphaus verstorben, beide nehmen wir auf in unser Gebet.“

Bischof Georg Bätzing begrüßte seinen Kollegen und Freund Felix Gmür: „Wir sind uns in den vergangenen Jahren vielfach und offen begegnet, wir beide waren Mitglieder der Weltsynode und haben gemeinsam versucht, die Anliegen Europas, Deutschland und der Schweiz nach vorne zu bringen.“ Mit Gmür, der bis Ende 2024 Vorsitzender der Schweizer Bischofskonferenz war, habe er auch schwierige Fragen besprochen, etwa wie mit dem Missbrauch durch Kleriker und andere in der Kirche anders umzugehen sei, als es in den Jahrzehnten davor geschehen ist. „Ich danke dir für allen offenen Austausch, der mich weiterbringt“, so Bätzing, an Gmür gerichtet.

Keine Insel der Glückseligen

Am Nachmittag wurde Felix Gmür von der Stadt Frankfurt im Kaisersaal des Römers empfangen. Stadtrat Dr. Bernd Heidenreich begrüßte den Baseler Bischof herzlich und überreichte ihm eine Tasse der Höchster Porzellanmanufaktur mit dem Frankfurter Adler darauf. In seinem Grußwort schlug er eine Brücke zu Karl dem Großen, dem in Frankfurt seit den 1950er Jahren am letzten Samstag im Januar gedacht wird. „Auch das Europa des achten und neunten Jahrhunderts, in dem Karl lebte und sein Werk schuf, war ja alles andere als eine Insel der Seligen: Es ertrank fast im Blut seiner Stammesfehden und Glaubenskriege“, so Heidenreich. „Karl der Große ließ sich durch diese Herausforderungen nicht entmutigen, sondern setzte ihnen seine Vision eines im Zeichen des Kreuzes geeinten Europa entgegen, an der er bis zu seinem Tod unermüdlich gearbeitet hat. Dieses Europa mag durch die Krisen der Gegenwart schwer beschädigt sein. Doch seine Werte bleiben unzerstörbar, weil sie in der Natur des Menschen selbst begründet sind und deshalb vom Lauf der Zeit unberührt gelten. Ich bin mir daher sicher: Europa wird auch in Zukunft Bestand haben, wenn wir uns von unseren Illusionen verabschieden und uns seinen Problemen endlich stellen, statt uns selbstgenügsam in die bequeme Hängematte der Privatheit zurückzulehnen oder uns durch apokalyptische Zukunftsängste zu lähmen.“ Karl der Große könne dabei als „politischer Heiliger“ in seiner Tatkraft, aber auch in seinem Vertrauen auf Gottes Beistand ein Vorbild sein.

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