Für Medizinethik fit gemacht
FRANKFURT/Limburg.- Kompetenzen in Medizinethik und theologischer Ethik können christliche Klinikseelsorger seit zehn Jahren in einer berufsbegleitenden Weiterbildung an der Frankfurter Goethe-Universität erwerben. Gerade ging dort wieder ein Kurs zu Ende: Acht katholische und acht evangelische Klinikseelsorger und ?seelsorgerinnen aus verschiedenen Bistümern und Landeskirchen von Berlin bis Bamberg konnten ihr „Medizinethik-Zertifikat“ aus der Hand des Limburger Weihbischofs Thomas Löhr entgegennehmen. Gleichzeitig sicherte das Bistum Limburg zu, das zugrundeliegende Forschungsprojekt auch in Zukunft zu fördern und mindestens bis 2020 zu finanzieren.
Ein Jahr lang reisten die Seelsorger immer wieder an die Goethe-Universität, um dort in 15 Seminartagen Kurse zu verschiedenen Themen zu absolvieren: Es ging um Ansätze der Medizinethik und der theologischen Ethik, aber auch um religiösen Pluralismus in der Klinikseelsorge, der in Gesprächen mit muslimischen Seelsorgern erörtert wurde. Hinzu kamen Themen wie Medizinethik in den Medien, Einführung in die ethische Fallbesprechung, Konzepte klinischer Ethikberatung, ethische Fragen am Ende des Lebens und vieles mehr. Im November 2014 gingen die Teilnehmer außerdem auf Exkursion nach Chicago, wo sie verschiedene Krankenhäuser besichtigten und mit Klinikseelsorgern vor Ort ins Gespräch kamen.
Parallel zu ihrer Arbeit in der Klinik mussten die Kursteilnehmer wissenschaftliche Texte bearbeiten, eine Fallerzählung einreichen und eine wissenschaftliche Abschlussarbeit schreiben. So erlangten die Seelsorger das theologisch-ethische und medizinethische „Handwerkszeug“, um insbesondere bei ethischen Fragen am Lebensanfang und ?ende, ethischen Problemen im Zusammenhang mit Zwangsbehandlung in der Psychiatrie oder Fragen in Bezug auf Organspende und Allokationsgerechtigkeit sicherer zu werden.
Bedingungen religiöser Seelsorge im klinischen Alltag
Der Zertifizierungskurs „Medizinethik in der Klinikseelsorge“ wurde in Zusammenarbeit mit dem Bistum Limburg unter der Leitung von Prof. Dr. Knut Wenzel, Professor für Fundamentaltheologie und Dogmatik an der Goethe-Universität Frankfurt und Gwendolin Wanderer, wissenschaftliche Koordinatorin des Projekts Medizinethik in der Klinikseelsorge an der Goethe-Universität Frankfurt, durchgeführt. Das Forschungsprojekt, das die wissenschaftliche Grundlage erarbeitete, um dieses einzigartige berufsbegleitende Angebot zu ermöglichen, erforscht die komplexen Verschiebungen, Bedingungen und Herausforderungen der religiösen Seelsorge im klinischen Kontext. Es wurde 2005 an der Goethe-Universität Frankfurt am Fachbereich Katholische Theologie von Prof. Dr. Hille Haker, die mittlerweile in Chicago lehrt, initiiert. Seit Herbst 2014 ist Prof. Dr. Christof Mandry, Professor für Moraltheologie und Sozialethik an der Goethe-Universität, Leiter des Projekts.
Bei der feierlichen Zertifikatvergabe würdigte Weihbischof Löhr das kontinuierliche Engagement der an diesem bundesweit bislang einzigartigen Forschungsprojekt Beteiligten und wies darauf hin, dass das Curriculum des Zertifizierungskurses Medizinethik in der Klinikseelsorge von der Akademie für Ethik in der Medizin als mit der Ausbildung zum Ethikberater im Gesundheitswesen kompatibel angesehen wird. Dies erhöhe die Sichtbarkeit der im Zertifizierungskurs erworbenen Kompetenzen und erkenne den Beitrag an, den Klinikseelsorge bei medizinethischen Fragestellungen zu leisten vermag.
Der nächste Kurs beginnt im Frühjahr 2016.
Informationen unter Telefon 069/79833352 oder im Internet unter www.ethik.uni-frankfurt.de/Forschung/Klinikseelsorge/index.htm , E-Mail: ethik-in-der-klinikseelsorge@ em.uni-frankfurt .de