Die Hochzeit zu Kana auf dem Schulhof
FRANKFURT.- Der Festzug formiert sich und bringt den Bräutigam zu seiner Braut. Wein wird ausgeschenkt, die Stimmung ist fröhlich auf der Hochzeit zu Kana. Bis der Wein ausgeht und Maria ihren Sohn Jesus bittet für Nachschub zu sorgen. So weit, so biblisch, doch der Hochzeitszug zieht über einen Schulhof, vorbei an Tischtennisplatten, vollbepackt mit Rucksäcken, Kleiderbündeln, Requisiten, Lautsprechern, Gitarren. Im Hintergrund wirft sich ein Saduzäer noch schnell sein Gewand über, eine Kleiderstange biegt sich unter den Kostümen.
Probenauftakt beim 6. Frankfurter Evangelienspiel, das vom 25. Juli an wieder eine Woche lang im Hof der Liebfrauenschule am Rande der Innenstadt über die Bühne gehen wird. Rund 120 Laienschauspieler proben derzeit ihren Auftritt. Sie kommen aus 15 Nationen und unterschiedlichen Kultur- und Religionskreisen. Junge und Alte, Menschen mit verschiedenen Behinderungen und Nicht-Behinderte gehören ebenso zum Ensemble.
Das bunte Trüppchen ist zum Teil seit 15 Jahren dabei, immer wieder stoßen aber auch neue Mitspieler dazu. Alle drei Jahre stellen sie zwölf Bilder aus dem Leben und Wirken Jesu nach, angelehnt an die mittelalterlichen Mysterien- und Evangelienspiele. Im Jahr 2000 gab es das erste Evangelienspiel im Archäologischen Garten vor dem Kaiserdom, damals inszeniert vom mittlerweile verstorbenen Gehörlosenseelsorger und Kapuzinerpater Amandus. Dabei gelang es, viele schöne Gleichnisse aus den vier Evangelien zusammenzustellen, die ohne langatmige Erklärungen den Menschen von heute etwas sagen können.
In der Tradition des Gehörlosentheaters
Wegen des Baus der Frankfurter Altstadt steht der traditionsreiche Archäologische Garten allerdings nicht mehr zur Verfügung. Deshalb zog die Laienspielgruppe, inzwischen getragen vom Verein Lukas 14 für Integration und Kultur für Menschen mit Behinderungen, bereits bei der Aufführung 2012 in den Hof der Liebfrauenschule um.
Pater Amandus hatte das Spiel auf der Tradition des Gehörlosentheaters aufgebaut, deshalb werden bis heute die einzelnen Szenen rein pantomimisch dargestellt. Die pantomimischen Szenen werden von zwei Sprechern eingeleitet, um das Publikum thematisch vorzubereiten. Seit 2006 ist Frank Lehmann, der ehemalige ARD-Börsenexperte, einer der Sprecher. Bei einigen Aufführungen übersetzt zusätzlich ein Gebärdensprachdolmetscher die Bibeltexte.
Im Mittelpunkt der zwölf Bilder steht nicht die Passion Christi, sondern sein Leben und Wirken auf Erden, sowie sein Verhältnis zu Gott und den Menschen. Die meisten Bilder werden in biblisch-historisierenden Kostümen gespielt, drei Bilder (Gleichnisse Jesu) werden in die Gegenwart versetzt, um zu zeigen, dass die Botschaft Jesu kein abgeschlossener Prozess ist, sondern heute noch genauso gilt und verständlich ist wie vor 2000 Jahren. Zunehmend finden sich im Frankfurter Evangelienspiel mehr musikalische Anteile. Für die Aufführung in diesem Jahr wurden zwei Lieder komponiert.
Neu dabei ist der Darsteller Jesu. Zunächst wurde diese zentrale Rolle regelmäßig von Priestern gespielt, mit dem Lehrer und Musiker Christoph Kuhn ist in diesem Jahr erstmals ein Familienvater mit dieser Rolle betraut. Die Regie liegt in den Händen von Andreas Walther-Schroth und Christina Kupczak. (dw)
Das Frankfurter Evangelienspiel 2015 hat am Samstag, 25. Juli, Premiere. Bis zum 2. August wird es täglich um 20 Uhr auf dem Hof der Liebfrauenschule (Schäfergasse 23, 60313 Frankfurt am Main) aufgeführt. Sonntags beginnt die Vorstellung bereits um 16 Uhr. Der Eintritt ist frei, um eine Spende wird gebeten.