Pass abgelaufen – Schuhe auch
Franziskustreff legt Stadtmagazin über Obdachlosigkeit vor
Klaus ist 65 und Lehrer von Beruf. Seit drei Jahren wohnt er im Frankfurter Stadtwald, aus Überzeugung und gern, wie er sagt. Seit 20 Jahren ist er obdachlos. Er ist einer von etwa 200 Menschen in der Mainmetropole, die sommers wie winters auf der Straße leben.
Jetzt schmückt sein Porträt das Titelbild eines neuen Stadtmagazins, das der Franziskustreff am Liebfrauenberg am Dienstag, 28. August, der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Der Franziskustreff bietet seit 25 Jahren wohnungslosen und armen Menschen in der Innenstadt ein reichhaltiges Frühstück an. Der kleine Gastraum hat nur 32 Sitzplätze. Doch täglich kommen bis zu 160 Gäste und genießen die Mahlzeit, im Winter den Aufenthalt im Warmen und ganzjährig die franziskanische Atmosphäre. Eine Sozialberatung gehört auch dazu. Finanziert wird das Angebot ausschließlich über Spenden, Träger ist seit 2013 die Franziskustreff-Stiftung.
Neue Wege zum 25-jährigen Bestehen
Zum 25-jährigen Jubiläum geht die Stiftung neue Wege, „auch wenn es keinen Grund zum Jubeln gibt, dass ein Obdachlosenfrühstück in so einer reichen Stadt nötig ist“, wie Bruder Paulus, der Stiftungsvorsitzende, mit feinem Lächeln anmerkt. Seit dem Frühjahr gibt es einen Stadtschreiber-Blog. Unter www.franziskustreff.de/franziskustreff/stadtschreiber berichten obdachlose Männer und Frauen aus Frankfurt von dem, was ihnen auf der Seele liegt, was sie bedrückt, was sie ärgert und worüber sie sich freuen.
Das neue Magazin „unterwegs“ stellt Obdachlosigkeit in Frankfurt in den Mittelpunkt. Neben dem Lehrer Klaus berichtet der 53jährige Mehmet, der seit fünf Jahren obdachlos ist, weil ihn eine Augenkrankheit und Depressionen aus dem Beruf bei der Müllabfuhr katapultiert hatten. Er hofft auf eine baldsige Augenoperation und die Rückkehr zu seinem früheren Arbeitgeber. Auch eine erfolgreiche Männer-WG wird vorgestellt: Drei ehemalige Obdachlose haben hier vor fünf Jahren wieder eine Bleibe gefunden, weil ein Vermieter, der sich dem Franziskustreff und der Liebfrauenkirche eng verbunden fühlt, eine Wohnung in der Nähe des Klosters zur Verfügung gestellt hat.
Gläsernes Frühstück und Wegbereiter
Aber nicht nur solche Erfolgsgeschichten machen den Franziskustreff aus, wie der Leiter der Einrichtung, Bruder Michael, berichtet. „Viele unserer Gäste haben eigene Lebenskonzepte“, sagt er, „die ihnen angebotene Hilfe können sie oft nicht annehmen“. Aber auch das sei in Ordnung so. Achtung, Respekt und Freundlichkeit gebühre jedem, der zum Frühstücken kommt. Weil das auch umgekehrt für die vier hauptamtlichen Mitarbeiter und die mehr als 50 ehrenamtlichen Helfer der Frühstücksstube gelte, bleibe es fast immer friedlich und gastfreundlich. Im Übrigen seien längst nicht nur Obdachlose unter den Gästen, auch Wohnungslose, die von der Stadt und sozialen Trägern in Übergangswohnung untergebracht seien, Flüchtlinge ohne Unterkunft und viele Frankfurter, die unter Altersarmut litten, nähmen das Angebot an, für 50 Cent ein nahrhaftes Frühstück zu bekommen.
Zum Geburtstag plant der Franziskustreff am Samstag, 8. September, ein „gläsernes Frühstück“ im Freien. Von 7.45 bis 11.15 Uhr können Obdachlose, aber auch Passanten Kaffee oder Tee, frisches Brot, Wurst, Käse oder Süßes und die berühmte franziskanische Atmosphäre des Liebfrauenklosters beim öffentlichen Frühstücken erleben.
Mit dem dritten neuen Angebot geht die Franziskustreff-Stiftung noch einen Schritt weiter, getreu ihrem Motto „Ein Schritt nach vorn auf dem Weg zurück“. Wegbereiter sollen gefunden werden, die helfen, Wohnungen für Obdachlose zu finden oder Arbeitsmöglichkeiten zu entwickeln. Den Auftakt bildet ein Wegbereiterabend mit Prominenz aus der Stadtgesellschaft am 25. Oktober, wie Bruder Paulus ankündigt.