Institutionen machen nicht frömmer
Mit der Institution Kirche fackelt Annette Schavan, überzeugte Katholikin und langjährige Botschafterin beim Heiligen Stuhl, nicht lange: „Institution ist nichts um frömmer zu werden! Da gibt es viel Heiliges und viel Unheiliges!“ Schon der Blick in die Geschichte aller Religionen zeige Heilsgeschichten neben Gewaltgeschichten. Dennoch halte sie fest daran, dass die Religionen selbst auch heute eine wichtige Quelle von Hoffnungen und Werten für jede Gesellschaft seien.
Im Domgespräch geht es am Dienstag, 2. April, um die Gretchenfrage: "Sag, wie hältst Du´s mit der Religion?" Gemeinsam mit der Islamwissenschaftlerin und Religionspädagogin Lamya Kaddor richtet die frühere CDU-Politikerin Schavan den Blick auf Glaube und Religion und ihre Bedeutung für das Private, aber auch für die ganze Gesellschaft. Da sind sich die beiden Frauen schnell einig, dass Religionen friedensstiftend wirken sollten, die Mächtigen demütiger machen müssten und die Gläubigen ein Stück sozialer. „Wenn der Papst in Marokko Muslimen begegnet, dann zeigt sich die Kraft des Friedens in einer Welt, die immer mehr den Frieden verliert“, ist Schavan überzeugt. Für Kaddor hat es das Christentum in vielem leichter, gibt es doch eine feste Struktur der katholischen Kirche, die weltweit gültig ist: „Den einen Islam gibt es einfach nicht.“
Religion steht für die Dimension Hoffnung
Doch dem Einwand von Moderator Meinhard Schmidt-Degenhard, dass die Gesellschaft immer säkularer werde und sich von der Religion abwende, mögen beide Frauen nicht zustimmen. Die vielen Menschen, die aus der Kirche austreten, seien ja getauft, sie blieben Christen, auch wenn sie keine Kirchensteuer mehr zahlten, erläutert Schavan und kommt auf ihre Unterscheidung zwischen Glaube und Institution zurück.
So sieht Schavan im Zuzug von Flüchtlingen „nach wie vor eine Riesenchance“: „Im Umgang mit ihnen können wir unsere Überzeugungen, unsere Gläubigkeit und unsere Werteorientierung deutlich machen.“ Aus der Begegnung zwischen Christentum und Islam sei immer wieder in der Geschichte auch Neues und Gutes entstanden. Dem stimmt auch Lamya Kaddor zu. Auch sie registriert die Sinnsuche, die fast alle Menschen umtreibe und oft auch eine wachsende Gläubigkeit, die sich allerdings nicht in den etablierten Kirchen wiederfinde: „Außerdem: ohne Religion wäre unsere Gesellschaft auch nicht friedvoller. Menschen bekämpfen sich. Ohne Religion würden sie andere Gründe finden.“ Die Religion aber bringe mit der ihr innewohnenden Hoffnung eine neue Dimension in die Gesellschaft, und das tue allen Menschen gut.
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