Aus der Nachkriegszeit ins Heute
FRANKFURT.- Ein besonderes Jubiläum können die polnischen und aus Polen stammenden Katholiken in Deutschland feiern. Mit einem festlichen Gottesdienst begehen sie am Samstag, 7. November, um 13.30 Uhr im Frankfurter Kaiserdom St. Bartholomäus den 70. Jahrestag der Gründung der Strukturen der polnisch-sprachigen Seelsorge in Deutschland.
Hauptzelebrant ist der Primas von Polen, Erzbischof Wojciech Polak, der Metropolit von Gnesen. Die Predigt hält Bischof Wies?aw Lechowicz, der Delegat des polnischen Episkopats für die Emigrantenseelsorge. Als Repräsentant der Diözese Limburg nimmt Weihbischof Thomas Löhr an dem Festgottesdienst teil. Die Messe wird von etwa 50 Priestern, die als Seelsorger der polnischen Gemeinden in Deutschland wirken, mitzelebriert. Erwartet werden zu dem Fest mehr als tausend Gläubige aus den polnischen Gemeinden vor allem im Umkreis von Frankfurt. Fahnenträger aus den Gemeinden und Kinder und Jugendliche in Trachten sorgen für ein buntes Bild.
Ursprung im Nachkriegsdeutschland
Ihren Ursprung hat die polnisch-sprachige Seelsorge in Deutschland in den Wirren des Zweiten Weltkrieges. Damals befanden sich auf dem Gebiet Deutschlands etwa ca. 1,5 bis zwei Millionen Polen, die als Zwangsarbeiter hier lebten oder in die Konzentrationslager deportiert worden waren. Tausende von Menschen konnten nach dem Krieg nicht nach Polen zurückkehren, weil sie ihren Besitz in Ostpolen durch die Besatzung der Sowjetarmee und der Entstehung der Sowjetrepubliken verloren oder weil sie Angst vor den Kommunisten hatten. Zwischen 1945 und 1955 wurden sie in den Lagern der Alliierten untergebracht.
Um eine seelsorgerliche Betreuung zu organisieren ernannte Papst Pius XII. am 5. Juni1945 für die „vorübergehend in Deutschland“ lebenden Polen einen Bischof, der direkt dem Heiligen Stuhl unterstand: der Militärbischof der Polnischen Streitkräfte, Józef Gawlina, erhielt die entsprechenden kirchenrechtlichen Befugnisse des Vatikans zum Spenden der Sakramente. Obwohl er in Rom residierte, reiste er bereits drei Wochen nach seiner Ernennung in das ehemalige KZ Dachau, um sich mit 850 polnischen Geistlichen, ehemaligen KZ-Häftlingen, zu treffen. Er appellierte an die Priester, die dazu noch gesundheitlich in der Lage waren, ihre Landsleute seelsorgerlich zu betreuen.
Das Bischöfliche Ordinariat befand sich anfangs in Freimann bei München, ab September 1945 in Frankfurt am Main, in Schwanheim, 1946 in der Mauritiusstr. 4 und 1953 im Stadtzentrum an der Altkönigstraße. In den ersten Monaten leitete Pfarrer Kanonikus Franciszek Jedwabski (Diözese Pozna?) das Ordinariat und ab November 1945 Pfarrer Edward Lubowiecki (Diözese Kraków).
Polnische Seelsorge in der deutschen Kirche
Die selbständige Kurie für die Polen in Frankfurt bestand bis Dezember 1975. Nach dem Tode von Generalvikar Edward Lubowiecki (1975) wurde die polnische Seelsorge in Deutschland im Geiste des 2. Vatikanischen Konzils umorganisiert und in die Strukturen der katholischen Kirche in Deutschland eingebunden. Die administrativen, rechtlichen und finanziellen Angelegenheiten der polnischen Seelsorge übernahmen die deutschen Bistümer. Zur Koordinierung der polnischen Seelsorge wurde das Amt des Delegaten der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) für die polnisch-sprachige Seelsorge in Deutschland geschaffen.
Derzeit setzt sich die Polnische Katholische Mission in Deutschland aus 70 Missionen in fünf Dekanaten zusammen. In der polnisch-sprachigen Seelsorge sind 120 Priester tätig. Die heiligen Messen finden jeden Sonntag in 165 Kirchen bzw. Kapellen in ganz Deutschland statt, in den weiteren 148 einmal oder zweimal im Monat. Die Zahl der Gottesdienstbesucher beträgt bundesweit etwa 85.000 bis 120.000. Im Jahr 2014 wurden 1.984 Kinder getauft, 1.198 zur Erstkommunion vorbereitet und es wurden 1.095 Jugendliche gefirmt. Außerdem haben 445 Paare geheiratet. In vielen Missionen gibt es außerdem Scholas, Chöre, Bands und Gesangsgruppen, Ministranten- und Lektorengruppen, Tanzvereine- und Theatergruppen sowie andere Vereine. Dank der finanziellen Unterstützung der DBK gibt die Delegatur monatlich ihre eigene Zeitschrift „Nasze S?owo“ (deutsch: „Unser Wort“) heraus.